Wieviel Party für den Homo?

■ Agenturbetreiber liegen im Clinch / Kein Partyort für Lesben / Schwulsein als kleinster gemeinsamer Nenner ist aber noch lange keine Spaßgarantie

Es hätte der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein können. Bis vor vier Jahren veranstalteten Arnold Arkenau, Agentur interNett/We Can Do It, und Rocky Rogg, Inhaberin der Agentur dcm, gemeinsam Parties für Schwule und Lesben. Wie damals, 1997, die Gay-Donation Party im Schlachthof. Aber es kam alles anders. Der Markt für schwule Parties hat sich verändert, und die einstigen Partner sind in schwere Konkurrenz geraten.

„Die Szene ertrinkt in Parties,“ so Arnold Arkenau, der seit sechs Jahren lesbisch-schwule Feste organisiert. „Quatsch, die Nachfrage nach Parties besteht,“ kontert Rocky Rogg. Partyfreudige Haufen Drags und Queens, normale Lesben und Schwule drängeln sich auf den Queer-Dance-Events, bei den Pink -oder Stand-up Parties.

Die Geschichte begann – wie gesagt – vor vier Jahren im Schlachthof-Magazinkeller. Nach einem Jahr aber ging Rocky Rogg eigene Wege und bot Frauenparties im Scusi tedesci, einem Lokal im Schnoor-Viertel, an. Rogg meint heute dazu: „Ich wollte lieber Tanzparties zu bezahlbaren Preisen machen.“ Und: „Bei der Zusammenarbeit mit der Agentur interNett gab es sowieso Unstimmigkeiten, wie Parties geplant und organisiert werden.“

Schwulsein als kleinster gemeinsamer Nenner

Bald war die Partyadresse im Schnoor samstagsabendlich bei Lesben und auch bei Schwulen immer mehr angesagt. „Die Stimmung auf gemischten Parties ist besser als bei reinen Frauenparties, und Männer sind auch ausgehfreudiger“, findet jedenfalls Organisatorin Rogg. Mittlerweile finden ihre Queer-Events zweimal im Monat statt. Der auch in der Homoszene deutliche Generationswechsel – „die Leute auf den Parties sind durchschnittlich 25 Jahre alt und gehen gerne aus“ – macht, dass der Laden brummt. Arnold Arkenau kontert: „Die Parties sind schlechter besucht als letztes Jahr, bei der alljährlichen Pink-Party waren zum Beispiel dieses Jahr mindestens 500 Leute weniger da als sonst.“

Für Arkenau, der bis zu 30 Parties pro Jahr auf die Beine stellt, ist klar: „Die jungen schwulen Männer tanzen und amüsieren sich auch gerne außerhalb der Homo-Szene.“ Die spaßorientierte neue Generation geht ins „Rosige Zeiten“ am Bahnhof, und ob die andere Hälfte der Tanzenden lesbisch oder hetera/o ist, ist piepegal. Das Interesse der Bremer Szenegänger an Kulturveranstaltungen mit anschließender Disco sinkt. Inzwischen organisiert Rogg auch die Gala für die Aidsberatungsstelle des Rat-und- Tat-Zentrums für Lesben und Schwule, eigentlich Arkenaus Revier. Hatte er doch für die Aidsberatungsstelle in der Th.-Körner-Str. bislang die Parties organisiert. Arkenau: „Mir wurde gesagt, die Aidsberatungsstelle braucht eine kreative Pause.“ Rogg nutzte die Chance und trat in Verhandlungen mit dem „Rat und Tat“ und bot an, die Gala in einer anderen Lokalität zu organisieren. So kam es. Die Kosten für die Ausrichtung der Party trägt dcm, die erwirtschafteten Gelder kommen der Aidsberatungsstelle des „Rat und Tat Zentrums“ zu Gute oder werden für die nächste Party ausgegeben.

Konkurrenz auch bei den Aids-Parties

Zum erneuten Eklat kam es vorletztes Silvester, da sowohl dcm und interNett die Feierwilligen jeweils auf ihren Parties haben wollten. Gab es bis dahin noch Terminabsprachen, so ging mit diesem Tag der Kleinkrieg in die nächste Runde. Die beiden Initiatoren überklebten sich ihre Werbeplakate. Da werden auch schon mal die öffentlich ausgelegten Flyer der agentur dcm auf den interNett-Partys vernichtet. Rogg: „Agentur interNett kam mir mit einem Werbeverbot und mit Hausverbotsandrohung.“

Es herrscht Funkstille zwíschen den beiden Konkurrenten. Sowohl Rogg als auch Arkenau würden ja gerne wieder, wenn auch nur bei der Terminabsprache, zusammenarbeiten. Zumindest mit dem Initiator der Stand-up Parties im Schlachthof klappt's. Und Agentur interNett hat Agentur dcm versprochen, ab sofort nur noch die Hälfe ihrer an den Freiflächen geklebten Partyankündigungs-Plakate zu überkleben ...

Basisdemokratisch und nicht-kommerziell

Fernab dieser Schauplätze halten sich zwei bislang unbeugsame lesbisch-schwule Initiativen tapfer. Eine Adresse ist das Kraß im Zakk, Sielpfad, die selbstverwaltete und nicht-kommerzielle Bar für Lesben und Schwule und Queers. Mann/frau klingelt Freitagabend am Eingang und wird freundlich empfangen. Mitarbeiter Thomas Prechler: „Zu uns kommen viele Leute, die nicht unbedingt zu den großen Veranstaltungen wollen.“ Die Teamer vom Kraß mögen ihre kleine, schrille Bar und organisieren Veranstaltungen, wie Film- und Mottoabende.

Ehrenamtlich wird auch das in der Nähe gelegene Cafe Suspekt im Sielwallhaus organisiert. Jeden Donnerstag ist die Kneipe geöffnet. Doch wie lange noch? „Wir suchen händeringend MitarbeiterInnen für Theke und Organisation,“ sagt Petra Heine von der Suspekt-Gruppe. Auch die Kneipe der Aids-Hilfe Bremen, das Cafe Aha muss bald schließen, falls keine Queers für den Spaß an dieser Sache mit anpacken.

Den Bach runter gegangen ist die einzige Bremer Lesbenkneipe schon längst, das Frauenrestaurant folgte diesen Monat. Mittlerweile gibt es in Bremen kein spezielles Lokal für Lesben.

Das könnte sich bald ändern, da Arnold Arkenau dies auch erkannt und die Lesben zur Zielgruppe erklärt hat. Sein Party-Angebot für Lesben: She ist the Boss! Demnächst in Bremen.

C.Wi.