Der Máximo Líder schwächelt

Fidel Castro wurde es bei einer Demonstration am Samstag schwindelig – ein erster Hinweis darauf, dass er nicht ewig leben wird. Seine Gesundheit ist ein politischer Faktor

SAN SALVADOR taz ■ 42 Jahre Regieren sind eben doch zu viel. Am Samstag konnte Fidel Castro zum ersten Mal nicht mehr. Bei der wöchentlich stattfindenden staatlichen Demonstration, dieses Mal in Cotorro am Rand von Havanna, wurde nach zwei Stunden Reden plötzlich die Stimme des 74-jährigen Staats- und Parteichefs flach. Die Worte kamen immer langsamer heraus. Er stützte sich aufs Rednerpult. Als er vornüberzukippen drohte, griffen seine Leibwächter ein und führten ihn vom Podium. Die 70.000 riefen: „Fidel! Fidel!“ Der fast 40 Jahre jüngere Außenminister Felipe Pérez Roque trat ans Mikrofon und versuchte, die Menge zu beruhigen.

Schon nach zehn Minuten kam der Alte wieder. „Macht euch keine Sorgen. Es geht mir gut“, sagte er. Er habe die ganze Nacht über gearbeitet, „nach Dokumenten, Daten und Zahlen gesucht, ihr wisst schon“. Jetzt werde er erst einmal ein paar Stunden schlafen. Aber die abgebrochene Rede werde am Abend im Fernsehen fortgesetzt. „So kann das nicht stehen bleiben.“

Der Máximo Líder hatte wie üblich über die USA hergezogen. Speziell ging es diesmal um fünf kubanische Agenten, die vor kurzem in den USA wegen Spionage verurteilt worden waren. „Helden“ seien sie und „Patrioten“ und man werde sie genauso zurückholen, wie man das in Florida gestrandete Kind Elián González zurückgeholt habe. Dann wurde Castro schwach. Zwei Stunden in olivgrüner Uniform unter sengender Sonne, das war für den 74-Jährigen zu viel.

Am Abend trat er tatsächlich im Fernsehen auf und setzte seine Rede fort. Er wirkte erholt, fast frisch, und machte Späße über das, was am Morgen in Cotorro passiert war. Er habe nur den Toten markieren wollen, um zu sehen, was für eine Beerdigung für ihn vorbereitet werde.

Ganz so lustig freilich ist die Sache nicht. Castros Gesundheit ist ein politischer Faktor. Seit Jahren tauchen unter Exilkubanern in Florida immer wieder Gerüchte über schwere Krankheiten auf. Nie konnten sie bestätigt werden. Der Comandante verschwand zwar ab und zu aus der Öffentlichkeit. Aber wenn er auftrat, war er stets gut beieinander und konnte acht Stunden reden ohne Pause. Der Schwächeanfall vom Samstag war der erste, der öffentlich wurde. Ein manifester Hinweis darauf, dass der bald 75-Jährige nicht ewig leben wird. Niemand weiß, wie seine Revolutionäre ohne ihn zurecht kommen werden. TONI KEPPELER