Sex-Story verärgert Kopten

Prozess in Ägypten gegen einen Chefredakteur nach Bericht über Priester

KAIRO dpa ■ Mit einem heftigen Wortwechsel zwischen den Anwälten hat in Ägypten der Prozess gegen einen Chefredakteur begonnen, der die Christen des Landes mit einer Sex-Story über einen Priester in Rage versetzt hat. Mamdouh Mahran, dessen Zeitung Al-Nabaa vor einer Woche „obszöne Fotos“ des Geistlichen zusammen mit nackten Frauen veröffentlicht hatte, erschien am Sonntag nicht selbst vor Gericht. Beobachter vermuten, dass sich der Journalist vor gewaltsamen Übergriffen aufgebrachter Christen fürchtet.

Mahran war in der vergangenen Woche festgenommen und gegen Kaution wieder freigelassen worden. Er wird vor dem Staatssicherheitsgericht in Kairo von neun Anwälten vertreten. Unter ihnen ist der bekannte islamische Fundamentalist Nabil al-Wahsch, der vor einigen Wochen mit einer Zwangsscheidungsklage gegen die Feministin Nawwal al-Saadawi für Aufruhr gesorgt hatte. Er verteilte vor dem Gerichtsgebäude Flugblätter, in denen die Anschuldigungen gegen den Priester noch einmal wiederholt wurden. Dies wurde von den koptischen Christen als Beweis dafür gewertet, dass islamische Fundamentalisten den Fall benutzen wollen, Unfrieden zwischen den Religionsgruppen zu stiften.

Der Richter vertagte den Prozess am Sonntag nach knapp 30 Minuten auf den 1. Juli. Einem Antrag der Verteidigung, die Verfehlungen des Priesters in den Prozess mit einzubeziehen, gab er statt. Die koptische Kirche tritt in dem Prozess gegen Mahran als Nebenklägerin auf. Dem Journalisten drohen zwölf Jahre Haft.

Nach der Veröffentlichung des Artikels waren bei Protestkundgebungen koptischer Christen in Kairo mindestens 70 Demonstranten und Polizisten verletzt worden.