Familiensache

■ Familien-Filz, Rache und Politik: Bergedorfer Tramödie um Busfahrten

Der hanseatische Filz hat eine Unterart: Bergedorfer Filz heisst die und geht so: Weil die Bergedorfer lieber eigene Jugendhilfeeinrichtungen haben wollen als die anderer Hamburger Träger, gründen Mitarbeiter des Jugendamtes 1989 einen Verein: „Verein für Jugendarbeit“ heisst der, sein Vorsitzender ist Holger Ramm, als Chef des Hauses der Jugend Heckkaten in Bergedorf-West auch Angestellter des Jugendamtes. Jahre vergehen. Allermöhe wächst und braucht weitere Einrichtungen für Jugendliche. Und so erteilen die Fraktionen des Jugendhilfeausschusses weitere Aufträge: Heute betreibt der Verein vier Projekte und beschäftigt 15 Angestellte.

Bis vor kurzem gehörte dazu auch ein Busprojekt für mobile Jugendarbeit und Freizeitfahrten. Ehrenamtliche Chefin: Holger Ramms Ehefrau. Der Bus, mit dem die Jugendlichen unterwegs waren, gehört ebenfalls der Frau, denn die wurde Busunternehmerin, nachdem der Bezirk der Erzieherin nach der Babypause keine passende Stelle anbot. Das Projekt kassierte öffentliches Geld für eine bestimmte Zahl von Ausflügen mit Bergedorfer Jugendlichen. Nun haben Prüfungen ergeben, dass tatsächlich weniger für Jugendliche als vielmehr für gewerbliche Zwecke gefahren wurde. „Unglückliche Verflechtung“ nennt Bezirksamtschef Christoph Krupp das. Das Jugendamt hat weggeguckt.

Nun aber gibt es da zwei Ex-Mitarbeiter, die arbeitsrechtlich gegen den Verein kämpfen und den CDU-Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses Unterlagen zugesteckt haben. Die waren froh, ist Ramm doch SPD-Mitglied. Das Jugendamt hat zunächst gemauert. Jetzt aber hat Krupp, neu im Amt, das Ganze zur Chefsache erklärt und ließ prüfen. Die Konsequenzen: Ramm soll den Vereinsvorsitz abgeben, der Verein muss 66.182 Mark zurückzahlen, weitere Rückforderungen werden geprüft und das Bezirksamt rät dem Ausschuss, die Projekte des Vereins geordnet zu beenden oder zu reduzieren.

Krupp sieht jedoch keine Betrugsabsichten oder persönliche Bereicherung. Ramm räumt Fehler ein, sieht sich aber auch als Opfer: „Wir haben alle Trägerschaften mit den Stimmen der Fraktionen bekommen.“ Außerdem habe das Jugendamt seit 1994 nicht mehr geprüft. Sandra Wilsdorf