: Rare Kassenbelege
Eckhard-Henscheid-Werkschau in Kaiserslautern
In Marcel Reich-Ranickis Spiegel-Kanon taucht Eckhard Henscheid nicht auf. Vielleicht, weil der „Literaturpapst“ (Bild) ihn schon vor geraumer Zeit im „Literarischen Quartett“ einen „Idioten“ genannt hatte und daraufhin einen kurzen Brief von Henscheid erhielt: Reich-Ranicki möge dies in Zukunft bitte unterlassen, da Henscheid ihn sonst zu „verhauen“ gedenke.
Ivo Wessel, Software-Entwickler und Computerbuchautor, nennt Henscheid „einen der bedeutendsten und vielseitigsten deutschsprachigen Prosa-Autoren der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts“. Der Berliner kennt Henscheid seit 1985 und hortet seitdem alles, was mit dessen Arbeiten zu tun hat. Seine umfangreiche Sammlung zeigt er nun in Kaiserslautern.
Für die Ausstellung „Geht in Ordnung - sowieso -- genau ---“, benannt nach dem zweiten Teil der „Trilogie des laufenden Schwachsinns“, sollte man sich Zeit nehmen. Der Kenntnisstand Henscheid’scher Literatur spielt beim Besuch der Ausstellung kaum eine Rolle. Einsteiger sind beeindruckt ob der Vielzahl der Arbeiten (der gebürtige Amberger hat bisher über 50 Bücher veröffentlicht), Kenner freuen sich über Hintergrundinformationen und Raritäten wie Henscheids erste Publikation („Lug und Trug“, 1959) oder die Erstausgabe von „Die Vollidioten“. In den Schaukästen liegen aus Zetteln zusammengeklebte Manuskriptseiten, seltene Originalausgaben und Zwischenauflagen. An den Wänden hängen Zeitungsberichte und Infotafeln von „Zweitausendeins“. Die Ausstellung ist übersichtlich und deutlich besser strukturiert als das Aufbauspiel des 1. FC Kaiserslautern.
Die Exposition gibt aber nicht nur einen Überblick über Henscheids literarisches Werk der vergangenen 40 Jahre, sondern schafft auch Einblicke in seine Arbeitsweise. Von der Materialsammlung – darunter dpa-Meldungen, Teppichprospekte und Kassenbelege – über Manuskripte bis zum fertigen Buch macht die Ausstellung das Planungskonzept und den aufwändigen Entstehungsprozess der Werke nachvollziehbar.
Ivo Wessel hat im Sinne seines Berufsstands einen Katalog zur Ausstellung auf CD-ROM gebrannt, die ab kommender Woche erhältlich sein soll und beim Kulturamt Kaiserslautern bestellt werden kann. Ein Buch zur Ausstellung wäre auch reichlich dick geworden – etwa so wie Henscheids erste Trilogie.
CHRISTIAN JÖRICKE
„Geht in Ordnung - sowieso -- genau ---“, bis 17. August im Kulturamt Kaiserslautern (Fruchthalle). Mo–Do 9–12 und 14–16 Uhr, Fr 9–13 Uhr; hoffentlich auch am Wochenende nach telefonischer Vereinbarung unter 06 31/3 65 14 10.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen