: Krankenkasse schlägt drauf
Auch die AOK Baden-Württemberg muss Beiträge erhöhen. Heute kümmern sich nun Kanzler Schröder und sein Kabinett um den finanziellen Ausgleich zwischen den Krankenkassen. Grüne wollen das ganze System überdenken und Beamte anzapfen
von STEPHANIE VON OPPEN
Vor der heutigen Kabinettssitzung zur Reform des Risikostrukturausgleichs (RSA) hat sich die Situation in der Gesundheitspolitik weiter zugespitzt. Gestern beschloss auch die AOK Baden-Württemberg, ihre Beiträge zum 1. Juli von 13,5 auf 14,2 zu erhöhen.
Auf den RSA wird von den Sprechern der Regierungsparteien derzeit gern verwiesen, wenn es darum geht, wie die hohen Finanzdefizite – besonders bei den Ortskrankenkassen – in Zukunft ausgeglichen werden sollen. Durch den RSA sollen die ungleichen Belastungen unterschiedicher Kassen abgefedert werden. So sind die Krankenkassen angehalten, sich künftig stärker um chronisch Kranke zu kümmern, um durch frühzeitige Behandlung die Kosten zu verringern.
Diese „Management Disease“-Programme soll es zunächst unter anderem für Zuckerkrankheiten, Schlaganfall und Brustkrebs geben. Dabei sollen 70 Prozent der Kosten alle gesetzlichen Krankenkassen gemeinsam tragen. Außerdem soll die Datenlage zur Berechnung des Finanzausgleichs verfeinert werden. Das heißt, neben Alter, Geschlecht und Erwerbsfähigkeit sollen auch die Krankheitsbilder der Versicherten berücksichtigt werden. Längerfristig ist ein so genannter Risiko-Pool geplant, aus dem zum Beispiel besonders hohe Behandlungskosten für einen Patienten mitfinanziert werden. Schließlich hat das Kabinett schon im Mai beschlossen, das Kündigungsrecht neu zu regeln: Statt nur einmal im Jahr zum 30. September sollen die Versicherten ab 2002 ihre Kasse zum Ende des Monats wechseln können, wo sie dann allerdings mindestens 18 Monate bleiben müssen.
Ein Mindestbeitrag von 12,5 Prozent für Betriebskrankenkassen (BKK), den die Gesundheitsministerin dem RSA hinzugefügt hatte, war am vergangenen Wochenende von den Grünen gekippt worden. Ein Mindestbeitrag könnte eher zu einer weiteren Entsolidarisierung unter den Kassen führen, statt sie zu stärken, erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Katrin Göring-Eckhardt. Noch mehr Versicherte würden sich nämlich dann überlegen, zu den privaten Kassen abzuwandern.
Nicht nur über den RSA hatte es in den letzten Tagen schon Uneinigkeiten zwischen den Koalitionspartnern gegeben. Die Grünen hatten Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) auch wegen der Abschaffung des Arzneimittelbudgets kritisiert. Sie forderten, trotzdem an Sanktionen gegenüber unwirtschaftlich verschreibenden Ärzten festzuhalten. Die Kritik der Grünen an der Ablösung des Globalbudgets kam allerdings reichlich spät. Als Ulla Schmidt den Ärzten erste Zusagen machte, sei man gerade mit der Auflösung des Fischer-Ministeriums beschäftigt gewesen, so Katrin Göring-Eckhardt. Außerdem sei es „eine Frage des politischen Anstands“ gewesen.
Zu den gesundheitspolitisches Zielen der Grünen gehört, die Finanzierung des Gesundheitssystems ganz neu zu überdenken. So sollen zum Beispiel die Beamten, die bisher in eigene Töpfe einzahlen, in das Solidarsystem einbezogen werden.
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