Union null tolerant

In den Leitlinien zur Inneren Sicherheit hält die CDU die Erwähnung des Rechtsextremismus für unnötig. Bagatelldelikte gibt es nicht

BERLIN taz ■ Die CDU hat gestern Leitlinien zur Inneren Sicherheit vorgestellt, in denen das Wort „Rechtsextremismus“ nicht vorkommt, dafür aber ein Hinweis auf die PDS. Der Vorsitzende der verantwortlichen Kommission, Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm, nannte es „nicht gerechtfertigt“, rechtsextreme Straftaten zu erwähnen. Im Kapitel „Bekämpfung des Extremismus“ wird nicht nach politischem Hintergrund, Gefährlichkeit oder Häufigkeit von Übergriffen unterschieden. Im Mittelpunkt steht vielmehr die Bedeutung des Verfassungsschutzes. Sein Einsatz dürfe keine Frage „politischer Opportunität“ sein, „dies gilt auch gegenüber der PDS“. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer warf der Regierung vor, den Verfassungsschutz abschaffen zu wollen und vor Straftätern zurückzuweichen.

Die CDU plant Meyer zufolge, Kriminalität in den Mittelpunkt der bevorstehenden Wahlkämpfe in Hamburg und Berlin zu stellen. „Es gibt keine Bagatelldelikte“, beschrieb Schönbohm den Geist seiner Empfehlungen, „Straftat ist Straftat.“ Daher sollte auch Graffitti-Sprayer strafrechtlich verfolgt werden, die Diskussion um die Freigabe von Drogen beendet und in allen Ländern eine offene Videoüberwachung eingeführt werden. Das Problem der Wirtschaftskriminalität, die jährlich Schäden in Milliardenhöhe verursacht, wird im CDU-Papier nicht erwähnt.

Bei Delikten von Ausländern mühte sich die Partei, fremdenfeindliche Untertöne zu vermeiden. Zwar wird eine Abschiebung straffälliger Ausländer schon bei einem Jahr Haftstrafe statt bisher drei Jahren verlangt. Meyer stellte aber ausdrücklich klar, die dauerhaft hier lebenden Ausländer seien nicht krimineller als die deutsche Bevölkerung.

Meyer präsentierte die Leitlinien als „Baustein der Erneuerung der CDU“. Erst am Tag zuvor habe die Union unter Parteichefin Angela Merkel mit einem eigenen „Konjunkturprogramm“ „die Themenführerschaft übernommen“. Zumindest das wirtschaftsnahe Handelsblatt kam gestern zu einem anderen Schluss: „Die CDU hat eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass sie es auch nicht besser kann“ als Rot-Grün. PATRIK SCHWARZ