Begeisterung für Bremens Carmen

■ Fredrika Brillembourg zum Abschied

Die schlechte Nachricht: Fredrika Brillembourg, die sich vor sechs Jahren in zwei legendären Inszenierungen – Massenets „Werther“ von Christoph Loy und Bizets „Carmen“ von Karin Beier – in die Herzen der Bremer OpernfreundInnen so regelrecht hineingesungen und -gespielt hat und seitdem in wirklich jeder Rolle restlos überzeugt hat, verlässt das Bremer Theater.

Die gute Nachricht: sie bleibt zunächst einmal hier wohnen, und zu ihrem Abschied wird Bizets „Carmen“ noch einmal aufgemöbelt, auf Wunsch von Klaus Pierwoß. Für die Rolle der Maguerite in Hector Berlioz' „Damnation de Faust“ hat sie ihren substanzreichen Mezzosopran in eine schwindelerregende Höhe getrieben, mit aller Vorsicht und mit aller technischen Sicherheit. Vom erweiterten Umfang und dem phänomenalen Nuancenreichtum ihrer Stimme profitierte nun ein Liederabend im Sendesaal von Radio Bremen, den die beliebte Sängerin mit dem Pianisten Thomas Dewey gab.

Kooperationspartner von Radio Bremen waren das Bremer Theater und das Instituto Cervantes und so entstand: „Espana!“ Im ersten Teil erklangen unterschiedliche Spanienadaptionen von Robert Schumann (Zigeunerliedchen), Johannes Brahms (Spanisches Lied und Geistliches Wiegenlied) und besonders Hugo Wolf, der mit den 44 Liedern seines zum Teil christlich-mythischen „Spanischen Liederbuches“ sicher kein folkloristisches Interesse dokumentierte, wohl aber das ein oder andere Lied mit spanischen Rhythmen ausstattete. Die gelangen Brillembourg besonders gut, denn den reinen deklamatorischen Charakter der Wolf'schen, sehr deutschen Musiksprache sollte Brillembourg noch mehr akzentuieren und den großen auftrumpfenden Gesang zurückschrauben. Man muss ihr allerdings zugute halten, dass sie allein – weil das Publikum keinen Text nachlesen konnte – für die Schaffung der Atmosphäre verantwortlich war.

Beeindruckend wirkte ihr Bemühen, den Klang in jedem Augenblick zusammen mit dem Klavier, aber auch mit der Bratsche – Boris Faust in einem Lied von Johannes Brahms - neu zu situieren. Und beeindruckend gelang das Klavierspiel von Thomas Dewey, der sich von reinem „Begleiten“ weit abhob. Er gab und setzte Akzente vor, und reagierte sensibelst auf das, was Brillembourg vorgab.

Schillernde Klangfarben kreierte er für den Zyklus „Siete canciones populares espanolas“ von Manuel de Falla, der auch durch Brillembourg zum Höhepunkt des Abends wurde. Denn hier wagte die Sängerin kräftige, fast szenische Dimensionen, die freilich wegen des fehlenden Textes trotzdem unverständlich blieben.

Technisch große Gesangskunst zelebrierte sie in der berühmten Vokalisen-Etude „Pièce en forme de Habanera“ von Maurice Ravel und „Les filles de Cadix“ von Léo Delibes. Als Zugabe – unvermeidlich und wunderbar – sang sie die beiden großen Arien der Carmen, vor der zweiten dann musste Brillembourg herzlich lachen, was ihren „Carmenstellenwert“ in Bremen noch einmal deutlichst dokumentierte. Überherzlicher Beifall im gut besuchten Sendesaal. usl