Volkswagen soll bitte noch mal nachdenken

Niedersachsens Ministerpräsident will sich mit Scheitern der „5000 mal 5000“-Verhandlungen nicht zufrieden geben und fordert neue Vorschläge

HANNOVER taz ■ Das Land Niedersachsen, der größte Anteilseigner bei Volkswagen, will sich mit dem Scheitern der Tarifverhandlungen über das Projekt „5.000 mal 5.000“ nicht zufrieden geben. Regierungssprecher Hendrik Zörner zeigte sich gestern in Hannover überzeugt, dass die Verhandlungen zwischen VW und der IG Metall noch einmal aufgenommen werden. Die Tarifgespräche seien nicht gescheitert, beide Seiten hätten lediglich eine Denkpause eingelegt.

Die Landesregierung, die sich mit Rücksicht auf den Kurs der VW-Aktie in das operative Geschäft des größten niedersächsischen Unternehmens nicht einzumischen pflegt, hatte sich am Dienstag zunächst nicht zum Scheitern der Verhandlungen äußern wollen. Dann habe in der Staatskanzlei in Hannover doch „ein Denkprozess eingesetzt“, so Regierungssprecher Zörner. Als Folge des Nachdenkens meldete sich dann gestern Ministerpräsident Sigmar Gabriel mit einem Interview in der hannoverschen Neuen Presse zu Wort, das man als eine Aufforderung des Eigentümers an das Unternehmen lesen kann, die Verhandlungen durch ein verbessertes Angebot wieder in Gang zu bringen.

Volkswagen solle jetzt zwei Dinge prüfen, sagte der Ministerpräsident höflich. Erstens, ob in dem Projekt ein Lohnniveau möglich sein, das zwar unter dem VW-Haustarif liege, aber die Löhne und Gehälter des niedersächsischen Metallflächentarifs „nicht deutlich unterschreitet“. Zweitens dürfe man bei dem Projekt nicht den Eindruck erwecken, „man wolle in Deutschland zurück zur 40-Stunden-Woche und darüber hinaus“. Fall sich VW tatsächlich nach einer Schamfrist oder „Denkpause“ diese Anregung zu Eigen macht, wäre eine Einigung mit der Gewerkschaft durchaus noch möglich. Während der am Montagabend dann abgebrochenen Verhandlungen hatten die Gewerkschafter oft genug betont, dass der Entgeltabstand von gut 500 Mark im Monat zwischen dem VW-Angebot für neu einzustellende Beschäftigte und dem Flächentarif für sie der eine und die Vier vorne bei der Wochenarbeitszeit die zweite Hürde waren.

Gabriel gehört dem VW-Aufsichtsrat an, und der muss nach Angaben des Unternehmens letztlich entscheiden, an welchem Standort der Minivan gebaut wird, der zunächst in Wolfsburg 3.500 neu einzustellenden Beschäftigten Arbeit geben sollte. Bei „strategischen Entscheidungen“ von Volkswagen wolle die Landesregierung „beteiligt sein“, sagte der Ministerpräsident kürzlich. JÜRGEN VOGES