Die guten Dinge, nur für Eingeweihte

Echte deutsche Bobos – bürgerliche Bohemiens – schwören auf individuellen Warenerwerb: Nur allerbesten Freunden geben sie Adressen weiter. Solche von Olivenölmühlen in Italien, Käsereien im französischen Savoyen oder Apfelbauern in Bayern. Für die Bequemen lässt sich manches Produkt aber auch von zu Hause aus ordern. Und für diese Bedürftigen gibt es einen speziellen Katalog, der ihnen der Bibel gleichkommt: Manufactum heißt die Firma.

„Es gibt sie noch, die guten Dinge“ – unter diesem Motto verspricht das seit 1988 bestehende Versandhandelsunternehmen seinen Kunden „hochwertige und langlebige Haushaltsgüter“ – zu allerdings gepfefferten Preisen, deren Höhe den Kunden offenkundig ein Argument für die Güte des Produkts ist.

Die Kundschaft scheint sehr angetan, schließlich stieg der Jahresumsatz von anfänglich 650.000 Mark auf über hundert Millionen Mark im vorigen Jahr. Mit Tochtergesellschaften in Österreich und der Schweiz entwickelte sich das Unternehmen binnen weniger Jahre zu einer Firmengruppe mit etwa hundert Beschäftigten.

„Fortschrittsskeptisch“ nennt sich Manufactum auf seiner Webpage (www.manufactum.de) und scheint damit auf der Höhe der Zeit zu sein – weg von vollsynthetischen zu klassischen Materialien, weg vom Quietschbuntdesign und von Billigimporten zu qualitätsbewussten europäischen Herstellern. Das Credo: Endlich ist nicht mehr alles möglich. Manufactum hat auch eine Moral, die sich in dem Satz bündeln lässt: Das macht man nicht. Und hat damit großen Erfolg.

In einem viel gelobten Haupt- und mehreren Spezialkatalogen werden die Gegenstände wortreich mit Produktions- und Herkunftsgeschichte beschrieben. Ästhetische, das heißt im Sinne des Hauses eher ungrelle Fotos runden das geschmackvolle Erscheinungsbild ab.

Für die Fans solcher Wertarbeit gibt es seit Oktober 1999 in Waltrop bei Dortmund eine Verkaufsausstellung, auf der „gute Dinge“ feilgeboten werden. Man kann sie sogar anfassen.

Natürlich stellt auch das Gebäude selbst eine architektonische Meisterleistung dar: die historische Bausubstanz der alten Zeche Waltrop wurde erhalten und neue Architekturelemente integriert. Für den Innenausbau hagelte es höchstes Lob aus der Fachpresse.

Letztlich ist Manufactum ein Mekka für gutbetuchte Konservative, Altachtundsechziger mit ökologischem Anspruch, jedoch auch Mittzwanziger mit einem Faible für Althergebrachtes. Zehn Gramm getrocknete Steinpilze kosten acht Mark, fünfzig gelbliche Briefumschläge bekommt man für sechzig Mark: Die Preispolitik hält auf natürliche Weise den Kreis der Eingeweihten klein.

Während kein Ökoladen ohne das Signum des Ursprünglichen funktionieren würde, so wäre auch Manufactum ohne den Hinweis auf das zeitlose Design seiner Waren undenkbar. Nebenher wird immer wieder auf die politisch korrekte Fertigung verwiesen. Selbst für den Gebrauch von Tropenholz findet sich eine plausible Erklärung. Dieses sei besonders wetterbeständig, und die Arbeiter auf den indonesischen und indischen Plantagen erhielten gerechte Löhne.

SUE HERMENAU