Affen im „Dual Use“

■ Die Uni unter Beschuss des AStA: Hirnforscher und Informatiker sollen an Rüstungsprojekten beteiligt sein

Werden an der Universität Affen für den Weltraumkrieg gequält? Beteiligen sich Bremer Forscher am Bau von Militärsatelliten? Bereitet die Uni-Karriere gar gezielt auf eine Stelle in der Rüstungsindustrie vor? Heikle Fragen, die die AStA-Arbeitsgruppe „Gegen Rüstungsforschung und Tierversuche“ derzeit dem Rektor der Universität stellt. Hat sich doch der Akademische Senat bereits Anfang der 90er Jahre dazu verpflichtet, „Forschungsthemen und -mittel abzulehnen, die Rüstungszwecken dienen können.“ Jetzt fordern die Studis, „dass der Beschluss der Universität, keine Forschung für den Krieg zu betreiben, durchgesetzt wird.“

Die Liste militärnaher Forschungsprojekte, die der AStA in den letzten Wochen recheriert hat, ist lang: Nicht nur, dass der Bremer Rüstungskonzern Bruker Franzen jährlich Forschungspreise für Dissertationen des Uni-Instituts Cevis vergibt. Nicht nur, dass die AbsolventInnenbörse der Uni regelmäßig Stellen für die heute zu Rheinmetall gehörende RüstungsschmiedeSTN Atlas ausschreibt. Uni-Institute sollen auch direkt Projekte entwickelt haben, die für die militärische Industrie von Nutzen sind. Vor allem Hirnforscher und Informatiker sind im Visier des AStA.

So vermuten die Studenten, dass die Auswertungssoftware für den von der Firma OHB-System gebauten Aufklärungssatelliten „SAR-Lupe“ vom Studenten-Projekt SImA geliefert wird. SImA analysiert nämlich Satelliten-Fotos mit einer selbst entwickelten Software. Da OHB – mit über 300 Mitarbeitern eine der Vorzeigefirmen im Technologiepark – der offizielle Projektpartner des SImA-Projekts ist, könne man davon ausgehen, dass die Software speziell für den OHB-Satelliten entwickelt worden ist, meint der AStA. In der derzeitigen Erprobungsphase von „Lupe“ ginge es noch um die Bewegung von Eisschollen. Doch OHB-Chef Manfred Fuchs hat Größeres mit dem Satelliten vor, wie er einmal in der taz andeutete: „Im Kosovo-Krieg waren wir ganz blind.“ Deshalb solle „Lupe“ beim nächsten Krieg die Europäer „sehend“ machen und Bilder von Krisenherden auf die Erde funken, die mit Hilfe der SImA-Software entschlüsselt werden könnten.

„Das ist eine reine Unterstellung. Bei uns gibt es keine Rüstungsforschung“, sagt der Sprecher des Technologie-Zentrums Informatik (TZI), Jürgen Friedrich, zu dem SImA früher gehörte. Dennoch kann auch er nicht ausschließen, dass wissenschaftliche Projekte eines Tages militärischen Nutzen haben. Friedrich: „Das ist wie die alte Diskussion um das Küchenmesser: Man kann damit Brot schneiden, aber auch Menschen töten.“ Im Konversionssprech heißt das „Dual Use“-Problematik.

Friedrich betont außerdem, er habe bereits alle betroffenen Professoren gefragt, ob an Rüstungsprojekten arbeiteten. „Hier war er nicht“, sagt Affenforscher Andreas Kreiter, der auch unter AStA-Verdacht steht. Und natürlich, so Kreiter, seien die Vorwürfe gegen ihn unhaltbar: „Alles Science-Fiction-Visionen von früher, als man noch glaubte, Affen würden eines Tages Raketen lenken“.

Der AStA behauptet hingegen, dass sich Projekte des TZI-Bereichs „Intelligente Systeme“ direkt auf Kreiters Primatenforschung stützten: In diesem TZI-Bereich würden Rüstungsfirmen Anwendungen entwickeln und an Militärfliegern testen, die für die miltärische Fernerkundung im Weltall bestimmt seien.

Auch das Zentrum für Kognitionswissenschaften (ZKW) steht unter Beschuss des AStA. Um in Echtzeit Satellitenfotos auswerten zu können, würde ZKW-Chef Gerhard Roth den Beutefang von Feuerzungensalamandern untersuchen, meinen die Studenten. Seine Projektbeschreibung deute direkt darauf hin, dass die Salamander-Ergebnisse für die „Objekterkennung“ eingesetzt werden sollen. Kommentar der Universität: „Die Grundlagenforschung an den ZKW-Instituten hat keinerlei Bezüge zu militärischen Projekten.“

Dennoch hält auch der frühere Bremer Konversionsbeauftragte, Uni-Professor Wolfram Elsner, die Vorwürfe nicht „für aus der Luft gegriffen. Wir bewegen uns ständig in der Grauzone von Dual-Use. Wenn ich heute durch STN Atlas gehe, treffe ich sicher auf Rüstungs-Projekte, die wir früher aus unserem Konversionsfonds gefördert haben.“ ksc