Steffel jetzt hochprozentig

CDU-Parteitag nominiert Frank Steffel mit 97 Prozent zum Spitzenkandidaten. Vorher und nachher gab es eine Show, als ob die Union den Kandidaten für die US-Präsidentschaft wählen würde

Gestern ist der Unternehmer und CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Steffel erwartungsgemäß als Spitzenkandidat für seine Partei bei den im Herbst anstehenden Neuwahlen in Berlin nominiert worden. Der 35-Jährige wurde auf einem Sonderparteitag mit einer Mehrheit von 97 Prozent gewählt. Von den 340 Delegierten votierten 328 für und 10 gegen ihn, zwei Delegierte enthielten sich der Stimme. Steffel hatte keinen Gegenkandidaten.

Der Sonderparteitag war ungewöhnlich konsequent nach amerikanischen Vorbildern inszeniert worden. Auf einer Großleinwand wurde ein vorbereiteter Werbe-Videoclip für Frank Steffel eingespielt. Die zur Staffage reduzierten Delegierten fügten sich der Regie, schwenkten selig Pappschilder mit Steffels Namen und brachen nach erfolgreicher Wahl auf ein Kommanda von der Leinwand in Jubel aus: „Jetzt geht es los.“ Wie zur Belohnung regneten daraufhin Konfetti und Luftsschlangen von der Decke der Mercedes-Benz-Niederlassung am Salzufer, dem Ort des Parteitages.

In seiner Rede nahm Steffel mehrmals Bezug auf den Bruch der großen Koalition. Das Personal des neuen Bündnisses von SPD, Grünen und PDS nannte er „machtbesessene Intriganten, hilflose Amateuere und gewendete Entertainer“. Der rot-grüne Landesregierung sei ein „Untergangssenat“, sagte Steffel. Zu seinen inhaltlichen Vorstellungen deutete Steffel lediglich an: „Sparsamkeit allein reicht nicht aus, um die Zukunft der Stadt zu sichern.“ Steffel stellte acht „Zukunftsziele“ vor, die nach seiner Wahl „in fünf Jahren Realität“ werden würden. Spontanen Beifall durch die Deligierten erhielt er vor allem beim Zukunftziel Nummer 8: „Die Menschen sollen sich in Berlin sicher fühlen.“

Wiederholt übte Steffel scharfe Kritik an der SPD, die „Steigbügelhalter“ der PDS sei. Steffel wies die Forderung von SPD, Grünen und PDS nach Wahlen bereits im September zurück. Die Union wolle am 21. Oktober die Wähler abstimmen lassen, betonte er. Nach seiner Rede ließen sich Steffel und seine Ehefrau Katja feiern.

Zu Parteitagsbeginn hatte CDU-Landeschef Eberhard Diepgen eine überraschend kämperische Rede gehalten. Mit Blick auf den angekündigten verschärften Konsolidierungskurs seines Nachfolgers im Amt des Regierenden Bürgermeisters, Klaus Wowereit (SPD), erklärte Diepgen: „Ohne soziale Gerechtigkeit, ohne ein soziales Herz kann man keine Großstadt regieren.“ Auch den persönlichen Angriff auf den politischen Gegner, bislang eher Steffels-Aufgabe, übernahm gestern Eberhard Diepgen: „Man konnte sich immer darauf verlassen, dass man sich auf Wowereit nicht verlassen konnte.“

Diepgen warf der SPD vor, seit Monaten den Bruch der großen Koalition geplant und Neuwahlen vorbereitet zu haben. Diepgen betonte, für ihn sei es „eine Frage der politischen Kultur“, sich nicht auf die SPD-Forderung nach Wahlen im September einzulassen. Die CDU fordere Chancengleichheit bei der Wahlvorbereitung und genügend Zeit für die Diskussion mit dem Wähler.

Brandenburgs CDU-Chef Jörg Schönbohm sprach als einziger Gastredner von einem „sozialistischen Roulette“ in der Hauptstadt. Die „schamrot-grüne“ Koalition sei aus reiner „Machtbesessenheit“ gebildet worden. Die Berliner SPD habe mit ihrem Ausstieg aus der großen Koalition und ihrer Zusammenarbeit mit der PDS entgegen ihrem Wahlversprechen die Glaubwürdigkeit von Politik erschüttert.

Heute eröffnet die Berliner CDU ihren Wahlkampf. Dazu hat sich zahlreiche Bundesprominenz angekündigt, darunter CDU-Chefin Angela Merkel, CSU-Chef Edmund Stoiber und Unions-Fraktionschef Friedrich Merz. DDP/TAZ