Sozialdemokraten und PDS im Aufwind

Die SPD überholt erstmals die CDU in der Wählergunst. Auch die PDS legt zu. Die Grünen rutschen dagegen auf unter 10 Prozent. PDS-Fraktionschef Harald Wolf fordert rot-rote Koalition. Die Grünen würden nicht mehr gebraucht

Im Schneckentempo auf der Überholspur – so könnte man die steigenden Umfragewerte für die SPD beschreiben, die das Forsa-Institut am Wochenende veröffentlichte. Erstmals haben sich die Sozialdemokraten in der Gunst der Berliner Wähler und Wählerinnen an die Spitze geschoben. 32 Prozent der Stimmen würden sie erhalten, wenn jetzt Neuwahlen wären. Damit hat die SPD im Vergleich zum Juni um 3 Prozentpunkte zugelegt. Demgegenüber hält die Talfahrt der CDU weiter an. Nur noch 30 Prozent der Befragten würden die Christdemokraten heute wählen; im Januar waren es immerhin noch 35 Prozent.

Neben der SPD hat vor allem die PDS Grund zum Optimismus: Laut Forsa kommt sie momentan auf 18 Prozent der Wählerstimmen – gegenüber 14 Prozent im Mai. Damit belohnen die Wähler offenbar auch die Spitzenkandidatur von Gregor Gysi, dem 71 Prozent – darunter auch zwei Drittel der West-Berliner – die Kompetenz für einen Senatsposten bescheinigen.

Dagegen verblassen die Grünen zusehends: Sie stürzten innerhalb eines Monats um 5 Prozentpunkte auf nur noch 9 Prozent ab und sind damit wieder bei ihrem Wahlergebnis von 1999 gelandet. In der Wählergunst stabil geblieben ist lediglich die FDP, die in der Umfrage weiterhin auf 7 Prozent kommt.

Angesichts der rein rechnerischen Mehrheit für eine rot-rote Koalition verlangte PDS-Fraktionschef Harald Wolf am Wochenende eine Regierungsbeteiligung seiner Partei. „Jetzt entscheiden sich alle Fragen am Verhältnis von SPD und PDS, und dafür werden die Grünen nicht mehr gebraucht“, sagte Harald Wolf. Eine Tolerierung eines rot-grünen Senats stehe überhaupt nicht mehr zur Debatte.

Im Übrigen sei die Misere der Grünen hausgemacht, da sie sich selbst „die Möglichkeit genommen haben, der Tabubrecher in Hinblick auf eine mögliche Zusammenarbeit mit der PDS zu sein“, meinte Wolf. Die Berliner PDS-Fraktion traf sich am Wochenende zu einer Fraktionsklausur in Schwerin mit den Schwesterfraktionen aus Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. Im Vordergrund sollte der Erfahrungsaustausch über die Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten stehen.

In der Terminfrage für Neuwahlen zeichnet sich derweil kein Kompromiss ab: Obwohl laut Forsa 56 Prozent der Berliner einen Neuwahltermin noch im September fordern, hält die CDU weiter am 21. Oktober fest. Die SPD startete am Wochenende eine Postkartenaktion mit der schlichten Losung „Berlin will wählen! 23. September 2001“, um für ihren Wunschtermin Druck zu machen.

Während in Berlin gestritten wird, mehren sich im benachbarten Brandenburg die Stimmen in der SPD, die laut über ein Ende des Regierungsbündnisses mit den Christdemokraten nachdenken. Zuletzt hatte sich die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Karin Molkenthin für eine SPD/PDS-Koalition nach den Landtagswahlen 2004 ausgesprochen. Diese Gedankenspiele haben den Brandenburger CDU-Chef und Innenminister, Jörg Schönbohm ziemlich verärgert. Er erwarte, dass „die SPD in Brandenburg endlich das Gequatsche einstellt und arbeitet“, ließ Schönbohm verlauten.

HEIKE KLEFFNER