Shampoo ist besser als Tampon

Nach dem 3:0 gegen England stehen die DFB-Frauen im Halbfinale der Europameisterschaft und spielen dabei so souverän, dass sie dem eigenen Nachwuchs überaus praxisnahe Trainingseinheiten ermöglichen können

JENA taz ■ Hope Powell erhielt sich auch nach der 0:3-Niederlage ihren britischen Humor: „Ihr könnt mich alles fragen, nur nicht, warum wir verloren haben“, um sich dann selbst nach dem letzten Gruppenspiel dieser Frauen-EM die Antwort zu geben: „Mein Team hat heute 150 Prozent gegeben, aber das reicht selbst gegen die zweite Mannschaft von Deutschland nicht.“

Nun, „zweite Mannschaft“ ist übertrieben, aber Bundestrainerin Tina Theune-Meyer hatte die sportlich bedeutungslose Partie – die DFB-Frauen waren so oder so Gruppenerster – für ein Experiment genutzt. Statt etablierter Namen wie Maren Meinert, Claudia Müller und Sandra Smisek spielten zumindest in der zweiten Halbzeit Linda Bresonik (17 Jahre/3. Länderspiel), Petra Wimbersky (18/5.) und Martina Müller (20/6.). Im Spiel zuvor gegen Russland war zudem die 18-jährige Navina Omilade aufgelaufen. Alle vier nicht einfach nur Ersatz, sondern das, was man bei Raumschiff Enterprise „The next Generation“ nennt, also jene Crew, die in den kommenden Jahren das Traumschiff Frauenfußball steuern sollen. Bei dieser EM sind sie noch zum Lernen dabei, aber zum „learning by doing“.

Da ist die Bayerin Petra Wimbersky vom FC Bayern München, abseits des Platzes zurückhaltend, aber auf dem Rasen ein Energiebündel. Im Spiel gegen England war sie so frei, das 1:0 zu schießen, so als ob das für eine Nachwuchsspielerin das Normalste auf der Welt wäre, und das 2:0 bereitete sie auch gleich vor. Sie spielte im Sturm mit Martina Müller zusammen, die den Strafraum als „Freihandelszone“ sieht. Kaum ist sie in diesen eingedrungen, schießt sie aus jeder Position aufs Tor, selbst wenn der Winkel noch so spitz ist. Die Jüngste ist mit 17 Jahren Linda Bresonik. „Ein geiles Feeling“ sei es gewesen, vor 11.000 Zuschauern zu spielen und nebenbei auf ihrer rechten Seite die englischen Angriffsbemühungen zum Erliegen zu bringen. „Ach ja, war okay, mein Spiel“, sagt sie locker auf entsprechende Komplimente. Dabei hat sie vor einem Jahr noch vor dem Fernseher gehockt und in Sydney ihre Vorbilder wie Doris Fitschen bewundert. Erst danach durfte sie in der Bundesliga auch mal gegen sie spielen.

Vierte im Bunde ist Navina „Naomi“ Omilade. Die Tochter eines Nigerianers aus Mönchengladbach verkörpert genau jenen Spielerinnentypus der Zukunft, der nicht nur gut spielt, sondern auch ein vermarktbares Gesicht hat. Als Erstes hat dies vor vier Jahren schon der Spielervermittler Norbert Pflippen erkannt und die damals unbekannte 14-Jährige unter Vertrag genommen, obwohl sie noch bei einem Dorfklub in der Mädchenmannschaft spielte. Jetzt ist auch die sportliche Entwicklung hinterhergeeilt.

Das neue Medieninteresse absolviert sie mit Spaß und Lust. Auf die Frage, ob man als Sportlerin, besonders als Fußballerin erfolgreich und auch noch schön sein muss, sagt sie: „Das Erste, was zählt, ist die Leistung auf dem Platz. Das ist überhaupt die Grundvoraussetzung. Aber wenn man dann noch gut aussieht, ist das kein Nachteil.“ Etwa bei Werbespots im Fernsehen: „Das, was der Oliver Bierhoff mit dem Shampoo macht, kann ich auch. Und treffe vielleicht noch besser die Zielgruppe“, sagt sie selbstbewusst. Jedenfalls sei „Shampoo besser als Tampon“. Oder ein Spot für Marmelade nach dem Motto: „Marmelade von Omilade“. Denn das ist die einzige Konzession, die sie bislang gemacht hat. „Eigentlich wird Omilade auf der letzten Silbe betont, aber das kapiert irgendwie keiner. Also habe ich mich mit der Eindeutschung abgefunden.“ Der einzige Kompromiss, den die neue Frauenfußballgeneration bereit ist einzugehen.

MATTHIAS KITTMANN