Ein Schiff wird kommen

Zwischen Symbolik und Sensibilität: Blankeneser Kinder begrüßen Bundeswehr-Zerstörer. Andere bleiben weg  ■ Von Sandra Wilsdorf

Wann war das: Ein Kriegsschiff legt an, und Hunderte hübsch gemachter Kinder winken und singen ihm entgegen? Antwort: Gestern. Der Bundeswehr-Zerstörer „Mölders“ kam als Gast zum 700. Blankeneser Geburtstag, und Blankeneser Kinder begrüßten ihn. Mit Blumen und Gesang.

„Man kann doch Grundschüler nicht dazu benutzen, ein Kriegsschiff zu begrüßen“, empört sich eine Blankeneserin. So wie sie sahen das viele Eltern, weswegen es im Vorwege um diesen Punkt im Blankeneser Feierprogramm zu Auseinandersetzungen zwischen Eltern und Schulleitungen gekommen war.

Ursprünglich war das Segelschulschiff „Gorch Fock“ eingeladen gewesen. Und da fanden die Organisatoren – Personen des öffentlichen Blankeneser Lebens –, wäre es doch nett, den Brauch des „Kindergrüns“ zu deren Begrüßung aufleben zu lassen. Diese Blankeneser Tradition lebte vom 19. bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts. Früher war sie der Abschluss von Sportfesten und Beginn der großen Ferien: Die siegenden Jungs wurden mit Eichenlaubkränzen, die siegreichen Mädchen mit Blumen geschmückt und machten einen Umzug durch den Ort.

Dass aber statt der eingeladenen „Gorch Fock“ der Zerstörer „Mölders“ zum Geburtstag kommt, wussten die Organisatoren bereits seit Monaten. „Für uns machte das keinen Unterschied“, sagt Klaus Krupp, Schulleiter der Katholischen Schule Blankenese. Etliche seiner SchülerInnen seien Kindern von MitarbeiterInnen der Führungsakademie der Bundeswehr. Ohnehin sei die Bundeswehr schließlich ein Verfassungsorgan. Deshalb habe es an seiner Schule darüber auch keine Diskussionen gegeben, und die Kinder seien ans Elbufer gegangen und hätten dort die selbstkomponierten Lieder über das Leben in Blankenese gesungen.

So hatte es Vera Klischan, Leiterin der Gorch Fock-Schule, eigentlich auch vorgehabt. „Dagegen kam von einigen Eltern aber massiver Protest.“ Der habe sie nachdenklich gemacht. Und deshalb seien die SchülerInnen zwar zum Strand gezogen, hätten das Schiff aber nicht begrüßt. „Das war keine Entscheidung gegen das Schiff, sondern gegen die Begrüßungsgeste durch Kinder.“ Ihre Kollegin Mechthild Uhle vom Gymnasium Blankense hatte es noch einfacher: „Ich wusste gar nichts davon, wir haben ein eigenes Fest am Elbstrand gefeiert.“

Einzig die Gesamtschule Blankenese und deren Grundschule im Grotefendweg hat zu der „Mölders“ eine ganz klare Position bezogen und den Strand an diesem Vormittag ganz gemieden. „Wir wären gerne hingegangen, wenn die Gorch Fock, die Rickmer Rickmers oder die Cap San Diego gekommen wäre“, sagt Schulleiter Gert Upadek. Aber ein Kriegsschiff von Kindern begrüßen zu lassen gehöre für ihn in eine vergangene Zeit und „entspricht nicht mehr unserer Vorstellung von mündigen Bürgern“. Er habe erst vor einer Woche vom Besuch der „Mölders“ erfahren. „Und da hatten wir keine Möglichkeit mehr, etwas zu verändern.“ Beispielsweise das „Kindergrün“ in einem der vielen Parks stattfinden zu lassen. Upadek will niemandem Krigesverherrlichung oder böse Absicht unterstellen, „aber an bestimmten Stellen muss man vielleicht schon etwas sensibler sein.“