Sommer in Öko-Lesmona

■ CDU lenkt ein: Nach anderthalb Jahren ohne Pachtvertrag hat sie sich mit den Ökodörflern endlich geeinigt. Für die nächsten drei Jahre ist jetzt Ruhe im Karton.

Hinter dem See beginnt der Weg in die sommerliche Idylle. Verschlungene Pfade führen durchs hohe Gras auf den schotterigen Rundweg. Den säumen bunte Blumen und selbst gezimmerte Butzen im Baumhüttenstil. In der Sonne dösen Bauwagen.

Ruhe ist eingekehrt im Ökodorf an der Lesum. Vor sechs Jahren nach der Vertreibung aus dem Parzellengebiet am Weidedamm ist es hier auf der brachliegenden Wiese entstanden. In dieser Zeit sind die Birkensprösslinge vor Klaus Möhles Hütte zu Bäumen herangewachsen. Auch das Bauamt hat an dem buntscheckigen Haufen Holz nix mehr zu meckern. „Nach der dritten Hütte hat man den Bogen allmählich raus“, sagt der ehemalige grüne Bürgerschaftsabgeordnete und Sprecher des Vereins „Grüner Weidedamm“.

Möhle hat jetzt nach anderthalb Jahren ohne Pachtvertrag und mit wechselnden Gesprächspartnern einen Kompromiss ausgehandelt: Für drei Jahre ist Ruhe im Karton. Danach muss der Vertrag immer wieder für ein Jahr neu aufgelegt werden. Wenn der verpachtende Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) beschließt, dass die Stadt eine bessere Verwendung für den Acker hat, müssen die Ökodörfler eine neue Bleibe suchen.

Den Tag, an dem der Stress wieder von vorne beginnt, sieht Möhle bereits kommen. „Die werden uns hier nicht einfach in Ruhe lassen“, glaubt er. „Die wollen nicht, dass wir uns hier festsetzen und wir wollen das.“ „Die“, das ist die CDU. Grüne und SPD standen stets hinter oder unterstützend neben dem Projekt der „experimentellen Wohnform“. CDU-Senator Perschau hatte zuletzt klargestellt, dass der Vertrag nicht mehr verlängert werden soll. „Die Basis“ sei gegen das Projekt gewesen, erklärt Helmut Pflug-radt, baupolitischer Sprecher der CDU. Überzeugt habe er die Basis durch Einschränkungen: „Die Fläche wird verkleinert, die Anzahl der Leute verringert und die Pacht erhöht.“

Jetzt gibt es im Kern des Dorfes eine Wiese von 3000 Quadratmetern, wo keine Hütten stehen dürfen und statt 20 neuen Leuten können nur noch sechs hinzuziehen. 30 Erwachsene wohnen hier zurzeit, keine Kinder, drei Hunde.

Bau-Sprecher Pflugradt beurteilt die Einigung als „fairen Kompromiss“. Immerhin gebe es jetzt wieder eine normale Vertragsgrundlage, an die sich beide Seiten zu halten haben. „Wir kriegen die nicht vom Acker, sofern das Grundstück nicht anderweitig genutzt werden soll, und die haben zugesagt, ohne Murren zu räumen.“ Schließlich „pachte man ja nicht für die Ewigkeit“. Die Ewigkeit hört auf, wenn die Stadt das Stückchen Idylle verticken möchte. „Wenn der Golfplatz mehr Platz braucht“, nennt Pflugradt ein Beispiel. Das sei aber alles „weit weg“. Genau drei Jahre ist Ruhe im Ökodorf. So lange träumen Häuser und Menschen von einem selbst bestimmten Leben auf der Wiese ohne Strom, aber mit einem Blick aus dem Klofenster in den Wald – als wäre jeder Tag Hüttenurlaub in Schweden. ei