Lebenslänglich für Tiefgaragen-Mörder

■ Bremer Student wollte sadistische Phantasien ausleben und tötete Alexandra Meyer mit 27 Messerstichen

Der Angeklagte Pädagogik-Student Axel Knape verzog gestern im Saal 218 keine Miene, als das Schwurgericht das Urteil vortrug: Mord sei es gewesen, da war sich das Gericht nach 74 Verhandlungstagen sicher, was sich an jenem Abend des 11. August 1999 in der Tiefgarage im Weidedamm-Neubauviertel zugetragen hat. Der Student habe sein Opfer mit 27 Stichen getötet. Das Gericht geht davon aus, dass Knape die Garage mit dem Vorsatz betreten hat, seine sado-masochistischen Phanatsien an und mit dem Opfer auszuleben.

Die Kripo wäre nie auf den Pädagogik-Studenten gekommen, wenn er sich nicht selbst gestellt hätte. Die Ermittler hatten zunächst eine Beziehungstat unterstellt und sich auf den Bekanntenkreis der 27-Jährigen Marketing-Assistentin von Beck&Co konzentriert. Knape gehörte nicht dazu, er kannte sein Opfer nicht. Knape galt in seinem Bekanntenkreis als kontrollierte, korrekte Persönlichkeit, eher etwas schüchtern. Nie hätte er einen Schluck Alkohol getrunken, wenn er noch mit dem Auto fahren wollte. Offenbar hat er mit Handschuhen in der Tiefgarage gearbeitet und die blutverschmierten Beweismittel in einer fast professionellen Art verschwinden lassen: in Müllsäcken auf Autobahn-Raststätten. Fast so, wie es in dem Buch „Die Schule des Todes“ von John Sandford steht: „Zu Hause verstaute er die Müllbeutel mit Kleidungsstü-cken. Er hielt an jedem Rastplatz zwischen St. Paul und Eau Claire, um einzelne Kleidungsstücke in Abfallbehälter zu werfen.“ Soweit der Krimi, er stand zu Hause im Regal bei Knape. Da fand die Polizei auch „Der Frauenwürger von London“, einen Video-Film. Und „Princess of Pain“. Und die Geschichte des 52fachen Frauenmörders „Der Mann aus der Höhle“.

Das wichtigste Beweisstück, das den Zusammenhang zwischen der sado-masochistischen Leselust und der Tat herstellte, hatte die Kripo bei der Beweissicherung zunächst liegen lassen: eine Plastik-Tüte mit Gasmaske und Klebeband-Rolle. Während der Student gegenüber seiner Freundin und seinen Bekannten die korrekte bürgerliche Persönlichkeit war, spielten sich in seiner Phantasie offenbar ganz andere Welten ab. Mehrfach besuchte er eine Prostituierte, die bereit war, „Wie fessele ich eine Frau“ mit ihm zu spielen, er trug dabei die Gasmaske und onanierte. Gefesselte Frauen fand die Kripo auch auf Knapes Festplatte: heruntergeladene Internet-Seiten von vergewaltigten Frauen.

Als im August 1999 das Foto von der ermordeten Alexandra Meyer im Fernsehen gezeigt wurde, ahnte auch seine damalige Freundin nichts. „Das ist eine hübsche Frau“, hatte sie gesagt, „jetzt vielleicht nicht mehr“, habe er eingeworfen, erinnerte sie sich später.

Als er sich fünf Wochen nach der Tat selbst der Kripo stellte, erklärte er, er habe eine Flasche Wodka getrunken und Kokain und Haschisch zu sich genommen, vorher. Seiner Freundin schrieb er aus der Untersuchungshaft, zu ihrem Examen in zwei Jahren werde er wieder raus sein. Nach zwölf Semestern Jura muss ihm, als der Haftbefehl auf „Mord“ lautete, sofort klar geworden sein, dass es um mehr ging als um zwei Jahre. Die Kripo ließ nach dem ersten Geständnis vier Tage bis zum ersten Verhör vergehen - Knape schweigt seitdem. Die Anwälte verteidigten ihn mit der Feststellung, er habe sich vielleicht nach dem Medien-Berichten mit der Tat identifiziert. Da das ursprüngliche Geständnis nicht auf Tonband mitgeschnitten wurde, musste das Gericht in einer Art Indizienprozess nachweisen, dass es der Wahrheit entspricht.

Knape blickte während der Urteilverkündung scheinbar abwesend ins Nichts. Aber abwesend war der gescheiterte Jura-Student keineswegs. Als der Richter im Detail schilderte, wo überall Blutspuren gefunden worden waren , beugte er sich zu seinem Verteidiger und machte einige Bemerkungen.

Es könne sein, dass der Angeklagte selber glaube, dass die Tat ihm wesensfremd sei und dass er sie nicht begangen haben könne, meinte der Richter. K.W.