Dame in Rot, farbenreiche Gobi

Die Designerin Nyamsuren Soyolmaa zeigt in Berlin Mongolenmode

„Man kann die heutigen Frauen in drei Kategorien einteilen:Es gibt die Schönen, die Starken und die Klugen“

Was machen eigentlich die Mongolen, über die an dieser Stelle sporadisch, aber episch berichtet wird? Diesmal: Mode. Übermorgen kommt nämlich die mongolische Mode-Designerin Nyamsuren Soyolmaa nach Berlin, um ihre Kollektionen vorzuführen. Die 1958 in Ulaanbaatar geborene Haute-Couturière gilt als „harte Frau“. Sie studierte zunächst am Moskauer Institut für Textilingenieurwesen. 1989 präsentierte sie ihre erste Kollektion: „Die Dame in Rot“. In der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre folgten: „Die farbenreiche Gobi“, „Queens of Mongolia“, „Nostalgia“ und „Felt“ – sowie Einladungen nach Seoul, New York, Paris, Dresden und Bonn. In ihrer Heimatstadt Ulaanbaatar gründete sie unterdessen „Soyolmaas Designschule“ und eröffnete eine Boutique namens „Soyol“. Außerdem beschäftigte sie sich mit der Geschichte der mongolischen Nationaltrachten, aus der sie viele ihrer Ideen zieht. Dies gilt insbesondere für ihre Kollektion „Queens of Mongolia“.

Nach einer Vorführung von Mode für die professionelle Städterin – „Huree Schau“ genannt: nach dem alten Namen der Hauptstadt, der 1924 in Ulaanbaatar geändert wurde – sagte sie über sich: „Ich war verheiratet, wir haben uns aber getrennt. Jetzt lebe ich mit meinen zwei Kindern alleine ... In der Vergangenheit waren die Männer Beschützer der Frauen, aber heutzutage sind sie dazu nicht mehr in der Lage. Deswegen müssen wir uns jetzt selbst darum kümmern. Man kann die heutigen Frauen in drei Kategorien einteilen: Es gibt die Schönen, die Starken und die Klugen. Die Schönen sind von Natur aus schön, deswegen können sie ein leichteres Leben als die anderen führen. Es wird jedoch mit zunehmendem Alter schwerer. Die Starken kämpfen ständig um ihre Selbstständigkeit, sie wollen von den Männern nicht ökonomisch abhängig sein, in ihrem Leben geht es primär um Freiheit. Zu diesen Frauen gehöre auch ich. Die Klugen schließlich versuchen permanent zu verstehen, sich in andere reinzuversetzen – sie denken ständig über ihre Kinder, Männer usw. nach. Und schleppen deswegen viel Gepäck mit sich herum, das hindert sie daran, frei zu sein.“

Neben Soyolmaa gibt es in der Mongolei noch eine ganze Reihe anderer Modemacher, sie haben oft ebenfalls in Moskau studiert, einige auch in der DDR. 1989 gründeten sie die „Association Mongolian Designer’s“, die alljährlich im Dezember die Fashionshow „Goyol“ veranstaltet – im Kulturpalast von Ulaanbaatar. Dazu gibt die Jugendzeitung Super jedes Mal eine Extraausgabe heraus, in der die prämierten Designer, Models und Dressmen vorgestellt werden. Soyolmaas Kreationen wurden bereits 1989 ausgezeichnet. Seitdem ist sie immer mal wieder mit den Männern in ihrem Designerverband aneinander geraten, insbesondere mit dessen Präsident Ch. Enkhtaiwan, einem Tourismusunternehmer.

Mit Soyolmaa kommen auch sechs oder sieben Models nach Berlin. Eine von ihnen, die 23-jährige Oyuntuya, nahm gerade die Berliner Model-Agentur „Viva“ unter Vertrag. Sie wurde bereits mehrmals auf den „Goyol“-Shows als „bestes Model“ ausgezeichnet und ist außerdem einmal „Miss Mongolia“ gewesen. Bei der Studenten-Miss-World-Wahl in Seoul 1994 kam sie auf den vierten Platz. Es gibt in der Mongolei nur noch ein Model, das berühmter als sie ist: die 28-jährige D. Bolormaa, die es inzwischen laut der Boulevardzeitung Top Secret zum „All-Asian Topmodel“ gebracht hat. Die Mutter eines fünfjährigen Sohnes ist in zweiter Ehe mit dem 20-jährigen Dressman O. Bayarsaihan verheiratet, der auf der letzten „Goyol“-Show zum besten männlichen Model gekürt wurde. Der Jugendzeitung Super erzählte sie: „Ich bin eine Kluge, denn ich habe endlich den richtigen Liebhaber gefunden. Und genieße zum ersten Mal die Sexualität. Auch mein Sohn ist glücklich. Mein neuer Mann ist für ihn sowohl ein Vater als auch manchmal ein Bruder. Und für mich ist er gelegentlich ein zweiter Sohn.“ Solche Äußerungen sind durchaus kämpferisch gemeint, denn in der Mongolei ist es erst in den letzten zehn Jahren Mode geworden, dass Frauen mit jüngeren Männern zusammen leben. DONDOG BATJARGAL
UND GHOSTDOG HÖGE

Die Modenschau von Soyolmaa findet am 4. 7. um 19 Uhr auf Einladung der mongolischen Botschaft im „Forum“ der Commerzbank AG statt. Außerdem am 6. 7. um 20 Uhr in der Alten TU-Mensa, organisiert von der mongolischen Studentenschaft Berlins.