Grüne steuern bei Öko um

Die Partei legt sich für die Zeit nach 2003 nicht auf eine Erhöhung der Ökosteuer fest und kommt damit Kanzler Schröder entgegen. Einnahmen sollen künftig auch der Bahn zugute kommen

BERLIN taz ■ Bei sechs Pfennig liegt sie derzeit – wie hoch die jährliche Erhöhung der Ökosteuer nach 2003 ausfällt, soll nun auch nach dem Willen der Grünen offen bleiben. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) fordert seit längerem, auf eine Erhöhung über die zwei nächsten geplanten Stufen hinaus zu verzichten. Der grüne Parteirat beschloss gestern in einem Sieben-Punkte-Katalog zu einem ökologischen Steuersystem nur ein allgemeines Bekenntnis zur Ökosteuer. „Bei der Entscheidung über künftige Steuersätze muss die dann geltende Höhe der Energiepreise berücksichtigt werden“, heißt es in dem Papier. Parteichef Kuhn sagte, „es wäre Harakiri und absurd, jetzt einen Pfennigbetrag zu nennen“.

Konkrete Forderungen betreffen die Verwendung der zusätzlichen Einnahmen aus der Steuer sowie die Besteuerung der Industrie. Die Erlöse sollten ab 2003 nicht länger zur Entlastung der Renten-, sondern der Arbeitslosenversicherung genutzt werden. Mit einem Teilbetrag soll der Mehrwertsteuersatz für Fernfahrten der Bahn, Carsharing und Taxis halbiert werden. Ab 2005 könnte nach Vorstellung der Grünen die Ökosteuer für die Industrie sogar wegfallen und durch ein Emissionshandelgesetz mit absoluten Obergrenzen ersetzt werden. Ein solches Konzept verlagert die Verpflichtung zur Einhaltung der Obergrenzen auf die Wirtschaft. Für erneuerbare Energien fordern die Grünen eine Befreiung von der Strom- und Mineralölsteuer.

Kuhn und der Bundestagsabgeordnete Reinhard Loske zogen eine positive Bilanz der Ökosteuer. So seien erste Lenkungswirkungen bereits zu verzeichnen. Unter Berufung auf eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sprachen sie von 250.000 zu erwartenden Arbeitsplätzen und einem Rückgang der CO2-Emission von 20 bis 25 Millionen Tonnen. Der Benzinabsatz sei zurückgegangen, die Nachfrage nach sparsamen Autos gestiegen.

Um die Klimaschutzziele einzuhalten, wollen die Grünen die Ökosteuer mit einem „intelligenten Instrumentenmix“ weiterentwickeln. In dem Papier heißt es: „Nur mit guten Worten, freiwilligen Selbstverpflichtungen und Förderprogrammen sind die anspruchsvollen Klimaschutzziele nicht zu erreichen.“ Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, und der Chef der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, unterstützten gestern in Berlin die Forderung der CDU nach einer Aussetzung oder Abschaffung der Ökosteuer. Der Naturschutzbund Nabu begrüßte dagegen eine Weiterentwicklung. Die Kritik der CDU-Opposition nannte Nabu-Präsident Flasbarth populistisch. „Wer am Biertresen stehen bleibt, wird die drängenden globalen Umweltprobleme nicht lösen.“ PATRIK SCHWARZ

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