PDS mauert sich frei

Der PDS-Bundesvorstand verurteilt den Mauerbau als „weder demokratisch noch sozialistisch“, bedauert die Opfer, kann sich aber nicht zu einer förmlichen Entschuldigung durchringen

BERLIN taz ■ Die PDS hat ihren Eiertanz um die Berliner Mauer beendet – mit einem Schritt vorwärts und einem Schritt zurück. Die Parteispitze distanziert sich scharf von dem von der SED begangenen Unrecht, verzichtet aber auf eine förmliche Entschuldigung für den Bau der Berliner Mauer vor 40 Jahren. „Eine Entschuldigung wäre zu einfach“, sagte PDS-Chefin Gabi Zimmer am Montag zur Begründung.

In der Erklärung des Parteivorstandes zum 40. Jahrestag des 13. August 1961 heißt es, „kein Ideal und kein höherer Zweck“ könnten das mit der Mauer verbundene Unrecht rechtfertigen. Auch wegen historischer Umstände begangene Menschenrechtsverletzungen blieben elementare Menschrechtsverletzungen. Der Vorstand bedauert das von der SED ausgegangene Unrecht. „Das Schicksal der Opfer und die Einschränkungen der Würde und der Lebenswege vieler Menschen berühren uns tief“, heißt es in der Erklärung.

Der PDS-Vorstand nahm die Resolution nach einer vierstündigen, kontroversen Debatte mit nur einer Gegenstimme an. Im Verlauf der Diskussion meldeten sich fast alle Mitglieder des Bundesvorstandes zu Wort. Gegen den Text votierte Sahra Wagenknecht, die Wortführerin der Kommunistischen Plattform.

Die PDS dürfe sich von der SPD nicht vorschreiben lassen, wann und wie sie mit ihrer Geschichte umzugehen habe, sagte Wagenknecht. Auch Hans Modrow war mit der Resolution unzufrieden. Als PDS-Ehrenvorsitzender ist er im Vorstand jedoch nicht stimmberechtigt. Die Erklärung schärfer formulieren wollte hingegen Helmut Holter, stellvertretender Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern. Für seinen Zusatz „Wir bitten die Angehörigen der Maueropfer um Vergebung“ stimmten aber nur zwei Vorstandsmitglieder. Trotz dieser Abstimmungsniederlage zeigte sich Holter zufrieden. Ohne den Druck im Vorfeld hätte es die Erklärung in dieser Form nicht gegeben, sagte er der taz. Parteichefin Zimmer erklärte, die Mehrheit des Vorstandes sei der Meinung gewesen, dass der Inhalt des Textes weiter gehe als die Bitte um Vergebung.

In der Resolution heißt es weiter, ein Staat, der sein Volk einsperre, sei weder demokratisch noch sozialistisch. Diese Lehre sei für die PDS unumstößlich. „Der Mauerbau war der in Beton gegossene Nachweis der Unterlegenheit des stalinistisch geprägten Sozialismustyps in der DDR gegenüber dem realen damaligen Kapitalismustyp in der Bundesrepublik.“

Die Parteispitze räumt ein, dass sich am Umgang mit der DDR-Geschichte entscheide, ob die PDS sich von ihrer SED-Vergangenheit gelöst und zu einer rechtsstaatlich verlässlichen Partei entwickelt habe. Am Ende der Erklärung heißt es: „Die PDS hat sich vom Stalinismus der SED unwiderruflich befreit.“ Petra Pau, die Berliner Landeschefin, fügte hinzu, die PDS hätte einen solchen Beschluss schon vor Jahren haben können, wenn der Vorstand ihn gewollt hätte.

JENS KÖNIG

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