Hamburg im Juli (I)

CDU-Jurist bombardiert Senat mit Anfragen zur Inneren Sicherheit. Justizbehörde sieht sich dadurch bestätigt  ■ Von Peter Ahrens

Der Harburger CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Carsten Lüdemann ist nicht nur ein schneidiger Jurist, sondern auch ein eifriger Zeitungsleser. Im April hat er im Abendblatt 41 Berichte über Straftaten gefunden. Daraus lässt sich doch politisches Kapital geschlagen, hat sich Lüdemann gedacht und Pressebericht für Pressebericht für je eine Schriftliche Anfrage an den Senat genutzt. Die 41 Anfragen hat Lüdemann gleichzeitig gestellt und „Hamburg im April (I)“ bis „Hamburg im April (41)“ betitelt. Der Senat hat das nun artig Fall für Fall beantwortet, und Lüdemann erkennt aus den vorliegenden Antworten, was er vorher schon wusste: „Das völlige Versagen der Hamburger Justiz.“ Justizbehörde und Staatsanwaltschaft haben daraufhin eilig eine eigene Pressekonferenz einberufen, in der sie feststellen, was sie vorher schon wussten: „Wir können stolz auf unsere Ermittlungen sein.“ Hamburg zweieinhalb Monate vor der Wahl.

Beispiel: Hamburg im April (20): „Am 18. April wurde in der Hamburger Presse über die Festnahme eines 17-jährigen Sprayers berichtet, der an der A 23 ein Brü-ckenfundament besprüht hatte. Ich frage den Senat: Hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben Wenn nein, warum nicht?“ Und so weiter. In diesem Duktus sind alle 41 Anfragen formuliert, es geht „ganz überwiegend um Fälle zur leichten bis mittleren Kriminalität“, wie Lüdemann selbst sagt.

Dass der Senat manche Fragen mit Hinblick auf den Datenschutz und auf noch laufende Ermittlungen nicht erschöpfend beantwortet, ist für Lüdemann Beweis, dass Rot-Grün „bewusst vertuschen“ will. Nur vier der 41 Fälle, so resumiert er, habe die Justiz „so erledigt, wie wir uns das vorstellen“. Allerdings führte er auch nur fünf Fälle auf, mit denen er „explizit unzufrieden“ sei.

Die Justizbehörde attestiert Lüdemann eine „verständlicherweise einseitige“ Sichtweise und hält die eigene dagegen. Generalstaatsanwältin Angela Uhlig van Buren und der Senatsdirektor der Behörde, Michael Stallbaum, kommen bei der Deutung der 41 Antworten auf ganz andere Resultate als die CDU: „Wir haben dadurch erst richtig gemerkt, wie schnell wir ermitteln“, sagt die Generalstaatsanwältin und dankt Lüdemann „ausdrücklich für die Gelegenheit, dies herausgefunden zu haben“. An einzelnen Fällen versucht sie dann haarklein, die CDU-Vorwürfe zu entkräften. Stallbaum ergänzt, Hamburg sei nicht die Hauptstadt des Verbrechens, sondern des Strafvollzuges. Und überhaupt habe man die „Mammutaufgabe, 41 Anfragen innerhalb kürzester Zeit zu beantworten“, souverän gemeistert, die Staatsanwaltschaft habe dafür sogar ihren Betriebsausflug gestrichen.

Lüdemann behauptet, dass er den Anfragenberg auch zusammengetragen hätte, wenn nicht gerade Wahlkampf wäre. „Nicht auszuschließen, dass ich so etwas noch einmal mache.“ Er habe sich allerdings schon „kritisch“ gefragt, ob er mit der Forderung nach Beantworten seiner Anfragenreihe nicht selbst „zu einer außergewöhnlichen Belastung der Behörden beigetragen“ habe.