vorlauf
: Wohlfeile Schlüsse

„Warum vergewaltigen Männer?“ (21.45 Uhr, ARD)

Fernsehen muss ja nicht unbedingt klüger machen. Warum Männer vergewaltigen, wollen Andrea Zimmermann und Matthias Michael anscheinend auch gar nicht so recht wissen, obwohl sie ihre „Dokumentation“ so betitelt haben. Lieber nehmen sie Krimizubehör (Halbdunkel, schnelle Schnitte, entsetzt aufgerissene Augen), viele widersprüchlich-abstruse Theorien, ein paar echte Opfer und Täter, unterlegen alles mit „Tatort“-Musik und einem Sprecher, der einführt: „Hans hat wieder zugeschlagen!“

Hans, der Maskenmann aus dem Moor, darf erzählen, dass er Frauen benutzt „wie’n Automaten“, Jochen gesteht, dass er sich es wieder „mit Jewalt jenommen“ hat, weil „die Traute nich da war“. 13.000 Vergewaltigungen pro Jahr, Dunkelziffer unbekannt. Schlimm, schlimm.

Dazu wird ordentlich Theorie aufgefahren. Zum Beispiel die alte Biologie/Sozialisations-Schlacht: Die Anthropologen Palmer und Thornhill, mit „The natural history of rape“ berühmt geworden, erklären, dass sich nur ein dünner Zivilisationsfirnis über das Grundbedürfnis des Mannes gelegt hat, seine Gene zu streuen – und der Film illustriert’s mit Skorpionfliegen und Orang-Utans. Anita Heiliger vom Deutschen Jugendinstitut vertritt „die Soziologie“, die ein verkorkstes Männerbild verantwortlich macht für die Dominanz um jeden Preis, die in der Vergewaltigung steckt. Und schließlich darf noch ein Hirnforscher erklären, dass das Kontrollzentrum im Vorderhirn bei Gewalttätern deaktiviert ist.

Bei solch Sammelsurium ist es wohl kein Wunder, dass die Autoren zu dem wohlfeilen Schluss kommen, dass es wohl weder Gene noch soziale Bedingungen allein sein können, die Hans und Jochen hervorgebracht haben. Keine einfache Variante in Sicht? Da sollte man es doch gleich mit einem der Opfer halten, das den Vergewaltiger fragt, ob er schon über Kastration nachgedacht habe.

Warum aber nimmt der Film die eigenen Erkenntnisse nicht ernst? So etwa, dass sich Opfer und Täter bei 95 Prozent aller Vergewaltigungen kennen, was eher gegen die Genstreu-Thesen spricht. Aber seltene Serientäter wie Jochen und Hans und viele Orang-Utans machen sich einfach besser in so einer kleinen Horrorshow. OES