Nicht ordnungsgemäße Absprachen

■ Konkurrentenklage erfolgreich: Der Lübecker Richter Wolfgang Neskovic wird nicht an den Bundesgerichtshof berufen

Die jüngste Wahl der Richter für den Bundesgerichtshof (BGH) durch einen Richterwahlausschuss ist nach Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts nicht ordnungsgemäß verlaufen. Mit diesem Beschluss der 11. Kammer hatte gestern der Richter Olaf Hoepner vom Schleswiger Oberlandesgericht mit seiner Konkurrentenklage gegen die Berufung des Lübecker Richters Wolfgang Neskovic zum Bundesrichter Erfolg. Das Verwaltungsgericht untersagte Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) die Ernennung Neskovics.

Die Schleswiger Verwaltungsrichter bescheinigten, es habe keine ordnungsgemäße Wahl durch den Richterwahlausschuss gegeben. Die eigentlichen Entscheidungen seien nicht im Wahlausschuss getroffen worden, sondern in nicht ausschlaggebenden Gremien und Gesprächen.

Der 56-jährige Hoepner hatte zuvor vorgetragen, bei der Wahl seien von 37 ursprünglich vorgeschlagenen Kandidaten für den BGH 14 übrig geblieben, was genau der Zahl der zu besetzenden Stellen entsprochen habe. Die anderen Vorschläge seien entweder zurückgezogen, oder – wie der Vorschlag Hoepners – von der zuständigen schleswig-holsteinischen Justizministerin Anne Lütkes (Grüne) „eine Minute vor der Wahl“ zurückgestellt worden. Dann sei „quasi nur noch abgehakt worden“, meinte der Klägeranwalt. Der Antragsteller machte geltend, er sei besser als Neskovic qualifiziert. Beanstandet wurde „mangelnde Transparenz“. „Die eigentliche Entscheidung ist in Vorgesprächen getroffen worden, worüber es keine einsichtbaren Akten gibt“, sagte sein Rechtsanwalt. Außerdem habe der BGH-Präsidialrat Neskovic als „nicht geeignet“ befunden.

Die Verfahrensvertreter der Bundesjustizministerin sowie der Anwalt des beigeladenen, jedoch nicht vor Gericht aufgetretenen Lübecker Richters wiesen alle Punkte des Antragstellers zurück: Der Richterwahlausschuss sei ein „hochgradig spezifisch zusammengesetztes Gremium mit demokratisch-föderaler Legitimation“ und ein „Spiegelbild der Gesetzgebungskompetenz“ des Bundes.

Ein Sprecher des Anwaltsbüros von Neskovic sagte am Abend in Kiel, es werde Beschwerde gegen den Spruch eingelegt. Vor allem die Begründung, der Wahlvorgang sei nicht ordnungsgemäß, „halten wir für abwegig“. Es sei üblich, das bei Wahlvorgängen in demokratischen Gremien im Wege der Absprache der Beteiligten die Zahl der Bewerber der Zahl der zu besetzenden Stellen angepasst werde – beispielsweise bei Ausschussbesetzungen. lno