Wohlstand durch Zuwanderung

Auszüge aus den Empfehlungen der Zuwanderungskommission unter Vorsitz von Rita Süssmuth: Offene Türen für Spitzenkräfte, Punktesystem für gut Ausgebildete, Fristenregelung bei Engpässen

„Deutschland braucht Zuwanderinnen und Zuwanderer. Für die Gestaltung von Zuwanderung und Integration ist ein Gesamtkonzept erforderlich, das klare Ziele festlegt: humanitärer Verantwortung gerecht werden, zur Sicherung des Wohlstandes beitragen, das Zusammenleben von Deutschen und Zuwanderern verbessern und Integration fördern. [. . .]

Zuwanderung und Arbeitsmarkt

Zukünftig sollen junge, gut ausgebildete Menschen als Einwanderer nach Deutschland gewonnen werden. Es können sich auch Zuwanderer bewerben, die bereits auf befristeter Basis legal in Deutschland leben. [. . .] Ausschlaggebend für ihre Auswahl ist ein Punktesystem, das ihre Integrationsfähigkeit in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt berücksichtigt. [. . .]

Zuwanderer, die auf befristeter Basis für bis zu fünf Jahre nach Deutschland kommen, sollen kurzfristige Engpässe am Arbeitsmarkt überbrücken. [. . .] Voraussetzung ist [. . .] ein Arbeitsplatzangebot, das auf einen tatsächlichen Arbeitskräftemangel im jeweiligen Beruf zurückzuführen ist. [. . .]

Dem Spitzenpersonal der Wirtschaft sowie der Wissenschaft und Forschung sollen deutlich erleichterte Zugangsregelungen und optimale Aufenthaltsbedingungen geboten werden. [. . .] Arbeitsmigranten mit einem befristeten Aufenthaltsstatus können sich über das Punktesystem für einen Daueraufenthalt qualifizieren, wenn sie sich erfolgreich in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft integriert haben. [. . .] Bürgerkriegsflüchtlinge haben ebenfalls Zugang zum Punktesystem; abgelehnte Asylbewerber nur, wenn sie freiwillig ausgereist sind und ihren Antrag vom Ausland aus stellen. [. . .]

Humanitär handeln

Eine Änderung von Art. 16a (Asylgrundrecht) und Art. 19 Abs. 4 (Rechtswegegarantie) des Grundgesetzes trägt nicht zur Lösung der Problematik bei, einerseits wirksam Schutz zu gewähren, andererseits aber Asylverfahren zu straffen und einem unberechtigten Aufenthalt in Deutschland entgegenzuwirken. [. . .] Auf der Grundlage des geltenden Verfassungsrechts und der völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik geht es vielmehr um eine effektive Beschleunigung der Asylverfahren, um wirksame Maßnahmen gegen den Missbrauch. [. . .]

Die Kommission bejaht die Schutzbedürftigkeit von Frauen, die ihres Geschlechts wegen verfolgt werden. Gleiches gilt für die Menschen, die Gefahren für Leben und Freiheit in Situationen ausgesetzt sind, in denen staatliche Strukturen nicht oder nicht mehr bestehen beziehungsweise Staaten ihrer Schutzverpflichtung nicht mehr nachkommen können. [. . .]

Familie und Integration

Integration ist ein gesellschaftlicher Prozess, in den alle im Land Lebenden mit einbezogen sind. [. . .] Insbesondere das Erlernen der deutschen Sprache ist eine wichtige Voraussetzung für Integration. [. . .] Das Kursangebot sollte mindestens 600 Unterrichtsstunden umfassen. [. . .] Die Zuwanderer sollten sich in einem individuell abgeschlossenen Integrationsvertrag verpflichten, an den Kursen teilzunehmen und einen angemessenen Anteil an den Kurskosten zu übernehmen. [. . .]

Wer Integrationsprozesse fördern will, muss familiäre Solidarität stärken. Die Kommission erachtet daher die rechtlich gesicherte Möglichkeit des Nachzugs der Kernfamilie aus integrationspolitischen Gründen als vorrangig. Die Kommission empfiehlt [. . .] eine Anhebung des Höchstalters für den Nachzug von Kindern von derzeit 16 auf 18 Jahre. [. . .]

Die grundsätzliche Notwendigkeit der Aufgabe der Staatsangehörigkeit des Herkunftslandes stellt [. . .] für viele Migranten nach wie vor ein Hindernis dar, diese Einbürgerungsofferte auch anzunehmen. Die Kommission empfiehlt [. . .] großzügigere Handhabung bei der Zulassung von Mehrstaatigkeit. Zuwanderer, die vor dem Anwerbestopp 1973 eingereist sind, und ihre Ehepartner sollten generell die Möglichkeit der Mehrstaatigkeit erhalten. [. . .]

Die Kommission empfiehlt die Schaffung eines Zuwanderungs- und Integrationsgesetzes des Bundes. [. . .] Bei der dauerhaften Zuwanderung sollte dies ein neues Bundesamt für Zuwanderung und Integration (BZI) sein, das aus dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hervorgeht.“