„Scharlatane“ lösen kein Landproblem

Südafrikas linke PAC-Opposition hatte Farmland, das ihr nicht gehört, an Landlose verkauft. Jetzt räumt die Polizei

JOHANNESBURG taz ■ Tausende von Menschen in Südafrika haben ihr weniges Hab und Gut in armseligen Bretterverschlägen ohne Wasser und Strom auf einem staubigen Farmgelände im Osten Johannesburgs eingerichtet, ohne zu ahnen, dass sie Opfer einer vorschnellen Parteiaktion geworden sein könnten. Die etwa 5.000 Obdachlosen hatten seit Tagen ungeachtet der Winterkälte in kilometerlangen Warteschlangen angestanden, um für 8 Mark je ein Stück Land von der linksradikalen Oppositionspartei PAC (Pan-Africanist Congress) zu kaufen. Die 45-jährige Evelyn Moholola nahm sich dafür extra einen Tag frei. „Es war meine letzte Chance“, sagte sie.“

Gestern wurden die Träume zunächst zerschmettert. Die Polizei rückte an und begann diejenigen zu verhaften, die nicht freiwillig ihre neue Heimat verlassen wollten. Die Obdachlosen sind nun bitter enttäuscht. Der PAC hatte die Landparzellen, die eigentlich der Regierung gehören, illegal an die aus umliegenden Townships und Siedlungen zusammengeströmten Landlosen verkauft. „Das lässt die Regierung nicht zu“, erklärte die südafrikanische Ministerin für Landangelegenheiten, Thoko Didiza, aufgebracht. „Wenn die Partei über den langsamen Fortgang der Landverteilung besorgt ist, steht sie damit nicht allein da. Aber es gibt immer noch rechtmäßige Wege zu beschreiten.“

Sicherheitsminister Steve Tshwete war zuvor auf dem Farmgelände ausgebuht worden. „Wie kann jemand Land verkaufen, das ihm nicht gehört?“, machte der Minister den verzweifelten Menschen klar. „Wir beschuldigen nicht die Armen, sondern die Scharlatane des PAC.“

Das Gelände, die Farm Bredell, ist zu einem großen Teil in Besitz der Provinzregierung Gauteng und der Transport- und Stromunternehmen Transnet und Eskom. Die PAC behauptet, sie sei von einer Bürgerbewegung zur Hilfe gerufen worden. „Die meisten Menschen hier warten schon seit Jahren auf ein Stück Land“, sagte PAC-Generalsekretär Thami Ka Plaatjie. „Das ist eine Zeitbombe, die bald explodieren wird.“ Die Regierung, fand er, behandele die Landfrage zu zögerlich. Und dies sei ein Vorbote dafür, dass sich die Katastrophe von Simbabwe in Südafrika wiederhole.

Der regierende ANC besteht darauf, dass Landbesetzungen wie in Simbabwe in Südafrika nicht toleriert werden. Allerdings ist die Landfrage ein sensibles Thema. Nach sieben Jahren demokratischer Regierung ist Südafrikas Land immer noch zu 70 Prozent in Händen der weißen Minderheit oder des Staates. Die Regierung richtete zwar nach ihrem Amtsantritt 1994 eine Kommision ein, die Schwarzen ihr während der Apartheid enteignetes Land zurückgeben kann, doch von den 63.455 Anträgen, die dafür bis Ablauf der Antragsfrist 1998 gestellt wurden, hat die Kommission bisher nur etwa einem Zehntel stattgegeben. Zugleich liegen 20 Millionen Hektar Staatsland brach und könnten umverteilt werden.

Die Polizeiaktion auf dem Farmgelände ist inzwischen gestoppt worden. Heute soll ein Gericht über eine Räumungsklage der Regierung entschieden. Die Ministerin spricht von einem „wasserdichten“ Fall und hat nicht die Absicht, nach einer Räumung den erneut Landlosen Land zur Verfügung zu stellen.

MARTINA SCHWIKOWSKI