„Die haben mich gebeten!“

Wer sich über Helmut Thoma und die barocken Verrenkungen amüsieren möchte, mit denen RTL2 ein moribundes Format zu retten versucht, der sollte am Sonntag um 20.15 Uhr „Big Diet“ einschalten

Nach nur drei Moderationen war Margarethe Schreinemakers ins belgische Exil heimgekehrt, weil die Differenzen mit der „Big-Diet“-Produktionsfirma Endemol unüberbrückbar schienen. Den Stab übergab sie an die Erstbeste, an die Heidekönigin und Profi-Mutter Jenny Elvers. Die konnte das Publikum bisher aber auch nicht dazu bewegen, dicken Menschen beim Dünnwerden zuzuschauen: Mit einem Marktanteil von nur drei Prozent lag Elvers deutlich hinter den Spitzenwerten ihrer Vorgängerin. Um den Sinkflug der teuren Sendung (mehr als 30 Millionen Mark Produktionskosten) doch noch aufzuhalten, kürt RTL2 nun aus übergewichtigen Models, die beim Casting für „Big Diet“ durchgefallen waren, die Mr. und Mrs. „Big Diet“. In der Jury sitzen zwei Fitnessfarm-Insassen, die Fitness-Expertin Jeanette, Schlagersänger Roberto Blanco – und Helmut Thoma, ehedem RTL-Chef.

taz: Fühlten Sie sich als ehemaliger RTL-Chef berufen, für das sieche „Big Diet“ den Jury-Onkel zu geben?

Helmut Thoma: In diesem Fall ja. Die haben mich gebeten und meinten, das würde ihnen helfen. RTL2 ist ja eine RTL-Gründung, auch wenn da die RTL-Gruppe nur mit 36 Prozent dabei ist. Aber der Sender war ja damals unser erster Ableger, also warum soll ich das nicht machen?

Sie sind also immer noch „mit dem Herzen dabei“?

Naja, klar.

Und das Honorar?

Darüber habe ich überhaupt nicht mit denen gesprochen.

Wer wird denn mit Ihnen in der Jury sitzen?

Ich habe gehört, der Roberto Blanco soll da dabei sein. Aber das interessiert mich nicht so.

Und wonach werden Sie die Grazien beurteilen?

Nach einem ästhetischen Eindruck. Man muss ja nicht unbedingt Idealmaße haben, um gut auszusehen. Wenn man sich so die normalen Partnerwahl-Kriterien von deutschen und auch anderen Männern ansieht, dann ist es wohl eher so, dass man die Gertenschlanken bevorzugt. Aber geheiratet werden eher die etwas „Unterfütterten“. Das ist insgesamt doch etwas attrakiver.

Sie verteten also auch selbst ein eher barockes Ideal?

Ach barock, barock muss es ja nicht gerade sein, man kann ja in jeder Richtung übertreiben. Aber ich würde sagen, „mit etwas mehr“ ist mir persönlich lieber.

Ist denn die Sendung „Big Diet“ mit solchen Aktionen überhaupt noch zu retten?

In Holland läuft sie sehr gut, und normalerweise ist Holland ein guter Testmarkt. Aber ich glaube, dass das mit der Schreinemakers damals eine absolute Fehlentscheidung war, dass das der Sendung sehr geschadet hat. Nicht dass sie eine schlechte Moderatorin war, aber sie war offenbar die total falsche.

Was hat sie denn falsch gemacht?

Diese Betroffenheitsform läuft bei einem Format wie „Big Diet“ überhaupt nicht, das muss man eher auf die fröhliche Tour nehmen. Noch mal, ganz ausdrücklich: Ich halte Margarethe Schreinemakers durchaus für eine anerkannte und in ihrer Art gute Moderatorin. Nur: Es ist gerade nicht die Zeit für die von ihr gepflegte Betroffenheitsform.

Ist es denn die Zeit für Trash-TV? Die Quoten von Real-Life-Formaten sinken doch ins Bodenlose ...

Naja, Trash-TV, da ist offenbar hierzulande wirklich kein Geld mehr zu verdienen. Aber schauen Sie doch nur mal, selbst im kulturbewussten Frankreich läuft ja die „Loft Story“, eine großstädtische Version von „Big Brother“ – mit gigantischem Erfolg. Obwohl die Franzosen so getan haben, als würde das bei ihnen nie laufen. Offenbar sind da allgemein menschliche Bedürfnisse befriedigt worden.

INTERVIEW: ARNO FRANK