Schill und Genossen

Gewerkschaft ver.di hat sich das Programm der Schill-Partei näher angeschaut  ■ Von Peter Ahrens

Ronald Schill ist nicht allein. Die Rechtspopulisten, die Leute mit der schnellen Lösung, die Bediener des Stammtisches – ver.di-Chef Wolfgang Rose macht sie überall aus. „Rechtspopulismus ist nicht auf die Schill-Partei beschränkt“, sagt Rose und hat im Moment besonders SPD-Innensenator Scholz (siehe Lokalkoloratur) und dessen Pläne für die Bahnhofsszene im Auge. Für Rose ist Scholzens Vorpreschen in St. Georg ein Beispiel, wie „von Schill in die Debatte eingebrachte Punkte aus wahltaktischen Überlegungen übernommen“ werden. Eigentlich hatte sich ver.di für gestern vorgenommen, mit einer neu erstellten Broschüre die Positionen Schills und seiner Partei zu entzaubern. Doch mit seiner Warnung vor einfachen Rezepten bei der Inneren Sicherheit landete Rose ganz schnell beim neuen Chef des Innenressorts.

Die Gewerkschaft hat sich Schill nämlich auch deswegen vorgeknöpft, weil „von den demokratischen Parteien in dieser Hinsicht nicht viel zu erwarten ist“. CDU und FDP lauern nur auf ihre Wahlchance, und Rot-Grün „ist in der Defensive“. Rose vermisst im Wahlkampf bisher jegliche politische Auseinandersetzung über die Schill'schen Positionen: „Wir brauchen eine Gegenbewegung“, fordert er Kirchen und Medien auf, dem „Mann der markigen Sprüche“ Paroli zu bieten.

Ver.di selbst hat schon einmal damit angefangen und das Parteiprogramm des Politrichters von der Rechtskommission der Gewerkschaften untersuchen lassen. Mit dem Resultat: Viele Forderungen, die die Partei Rechtsstaatlicher Offensive erhebt, sind entweder von der Verfassung her nicht gedeckt, ineffizient und zeichnen ein vollkommen verzerrtes Bild der Realität – oder sind längst umgesetzt. Schusssichere Westen für die Polizei, wie Schill verlangt, sind zum Beispiel mittlerweile angeschafft, die verstärkte Einstellung von PolizistInnen ausländischer Herkunft seit langem Programm, führt der Sprecher der Kommission, Max Gussone, an. Wenn Schill fordert, Komfort in Gefängnissen müsse verschwinden, fühlt sich Gussone zu dem Hinweis aufs Bundesverfassungsgericht aufgerufen, dass urteilt, eine Haftstrafe bestehe im Freiheitsentzug und nicht darin, dass es dem Häftlig zusätzlich möglichst schlecht geht. Auch die Forderungen, den Verfassungsschutz mit polizeilichen Aufgaben zu betrauen und „alle Schwerverbrecher in eine Gen-Datei aufzunehmen“, verstoße gegen die aktuelle Rechtslage. „Ich finde das bedenklich, wenn sich ausgerechnet ein Amtsrichter über Urteile des Bundesverfassungsgerichtes hinwegsetzt.“

Wenn Schill zudem verlange, „der Schutz der Bevölkerung muss Vorrang genießen vor der Freiheit der Verbrecher“, dann habe das nur den Sinn, „aufzuhetzen“ und an niedere Gefühle zu appellieren, „Rache, Angst, Neid“. Die einzige Chance, dagegen zu arbeiten, sind Argumente, ist Rose überzeugt: „Es wäre schlecht, auf die gleiche Art und Weise dagegenzuhalten.“ Das machen ja schon die anderen politischen Parteien.