Gerettete Utopien

■ Eigen- und Fremdwunschbestimmung: Zwei integrative Theaterstücke an der Studiobühne des Thalia in der Gaußstraße

Gleich zwei Produktionen vom Thalia Treffpunkt begleiten den Ausklang dieser Spielzeit. Auf der Studiobühne in der Gaußstraße präsentieren zwei integrative Gruppen aus behinderten und nichtbehinderten Jugendlichen ihre selbst entwickelten Stücke. Unterwegs an einem anderen Ort widmet sich heute und morgen Abend Utopien und den Schwierigkeiten, etwas davon in die Realität hinüberzuretten. Das Spiel entstand vor dem Hintergrund des Stückes Republik Vineta von Moritz Rinke, das zu Beginn dieser Spielzeit im Thalia Theater seine Uraufführung erlebte.

Der Stoff: Eine junge Frau hat 14 Personen in ihr Haus gebeten. Sie sind sich fremd, erfahren dort, dass sie auserwählt sind, gemeinsam „einen neuen Ort zu erschaffen“. Sofort haben alle Ideen, Wünsche und konkrete Vorstellungen. Hinrich zum Beispiel will nicht nur einen, sondern „absolut sicher“ zwei Sportwagen besitzen – Maria hingegen setzt sich für einen absolut autofreien Ort evon Mensch und Tier – für Christian reine Spinnerei. Konflikte sind programmiert.

Samstag- und Sonntagabend entfaltet sich dann Ein Spiel um gar nicht so eigene Wünsche, der Titel: Blickwechsel. In einer Ferienanlage nimmt die Leiterin Mechthild Harmonia die Gäste in Empfang. Die jungen Frauen und Männer machen sich mit den Gegebenheiten vertraut und können erste Schnupperkurse zum selbstständigen Handeln besuchen. Schließlich kommt ein verspäteter Gast und sorgt für Unruhe im Ablauf. Mechthild fordert ihn auf, Störungen zu vermeiden. Die Gäste seien hier, um sich zu erholen und persönlich zu reifen. So kann nach festen Regeln das Spiel beginnen. Doch schnell ist die Zufriedenheit dahin. Die jungen Leute wollen auch die eigenen Bedürfnisse und Vorstellungen erproben und ausleben. Sie finden Wege in verschlossene Räume und bewegen sich bald auf gefährlichem Terrain.

Besonders Blickwechsel richtet seine Perspektive auf die Identitätsfindung Jugendlicher. Ein Thema, das unter dem Aspekt des Selbständigwerdens unter den Behinderten extrem wichtig ist: Wie kann man einer Welt der Bevormundung entfliehen, wie kann man eigenen Wünschen Gehör verschaffen? Eine Thematik, die in den Projekten, die der Thalia Treffpunkt gemeinsam mit dem Verein „Leben mit Behinderung in Hamburg“ durchführt, immer wieder zum Tragen kommt. Oliver Törner

Unterwegs an einem anderen Ort: 11.+12. Juli, 20 Uhr, Thalia, Gaußstraße 190;

Blickwechsel – ein Spiel um gar nicht so eigene Wünsche: 14.+15. Juli, 20 Uhr, Thalia, Gaußstraße 190

Information: Tel. 040 / 32814-139