In Burundi schwindet die Hoffnung

Der Bürgerkrieg in Burundi verschärft sich. Aus Kongo und Tansania operierende Hutu-Rebellengruppen werden stärker im Kampf gegen das Tutsi-dominierte Militärregime von Präsident Buyoya. Wann greift das Nachbarland Ruanda ein?

aus Bujumbura ILONA EVELEENS

Wenn es Abend wird in der burundischen Hauptstadt Bujumbura, verstummen die fröhlichen Stimmen auf dem Sportplatz und Angst zieht ein. In der Dunkelheit klingen Schüsse in den Wohnvierteln am Rande der Stadt. In Burundi verschärft sich der Bürgerkrieg. Burundische Hutu-Rebellen, die jahrelang in der Demokratischen Republik Kongo kämpften, sind jetzt wegen des dortigen Waffenstillstands arbeitslos geworden und richten ihre ganze Energie auf den Feind im eigenen Land.

250.000 Menschen sind seit 1993 im Krieg der burundischen Hutu-Rebellen gegen das Minderheitsregime der Tutsi-dominierten Armee ums Leben gekommen. Im August 2000 wurde im tansanischen Arusha ein Friedensabkommen unterzeichnet – aber ein Waffenstillstand gehört nicht dazu. Ein ausländischer Beobachter sorgt sich: „Wenn nicht bald Frieden vereinbart wird, explodiert Burundi.“

Die Rebellen weigern sich, mit der Regierung zu verhandeln. Vielleicht wittern sie den militärischen Sieg. Die Rebellenbewegungen FDD (Kräfte zur Verteidigung der Demokratie) und FNL (Nationale Befreiungsfront) verfügen insgesamt über schätzungsweise 15.000 Kämpfer. Ein Teil hält sich in Burundi auf, die anderen führen ihre Angriffe aus Basen in Kongo und Tansania. In den burundischen Flüchtlingslagern in Tansania können sie ihre Aktionen vorbereiten. Die tansanische Regierung unternimmt nichts dagegen. „Wir sind enttäuscht von den regionalen Führern“, sagt Burundis Minister für den Friedensprozess, Ambroise Niyonsaba. „Sie versprachen, Druck auf den Rebellen auszuüben. Vor allem Tansania hat viel Einfluss. Aber es waren leere Versprechen.“

Bei ihren Angriffen meiden die Rebellen jetzt zivile Ziele völlig und konzentrieren sich auf Aktionen gegen die Armee. Sie haben im Kongo viel gelernt. Im März gelang es ihnen, mehr als eine Woche lang ein Stadtviertel von Bujumbura zu besetzten. Von Kongos Regierung bekamen sie außerdem moderne Waffen.

„Aber sie werden den Krieg nie gewinnen“, lautet die Überzeugung eines Kenianers, der seit vier Jahren in Burundi für eine internationale Hilfsorganisation arbeitet. Der junger Mann zeigt auf eine Landkarte der Region: „Wenn der burundischen Regierungsarmee eine Niederlage droht, wird das Tutsi-Regime aus dem nördlichen Nachbarland Ruanda zur Hilfe kommen. Daraufhin werden die ruandischen Hutu-Rebellen ihre burundischen Brüder unterstützen. Das möchte ich nicht miterleben.“

Viele Burundier glauben nicht mehr an Frieden. Manche mit Geld sind ins Ausland gegangen. Aber einige Wohlhabende sind voller Überzeugung in der Heimat geblieben, wie zum Beispiel Engleberthe Nyarushatsi. Sie hat gerade ein Cybercafé eröffnet. Computer und Mobiliar sind nagelneu. Alles ist da – bloß keine Kunden. „Ich lasse mich nicht verjagen“, sagt die Tutsi-Geschäftsfrau. „Ich bin eine Burundierin und habe das Recht, hier zu leben und zu arbeiten. Die Rebellen wollen nichts anderes als die Wirtschaft kaputt machen.“

Engleberthe Nyarushatsi meint, dass bald demokratische Wahlen stattfinden müssen – was viele Tutsi-Politiker ablehnen, weil dann sicherlich die Hutu, 85 Prozent der Bevölkerung, die Regierung bilden werden. „Ich habe damit überhaupt kein Problem“, sagt die Computerfachfrau. „Solange sie mich mein Geschäft führen lassen, können sie die politische Macht haben.“

Derzeit ist die Macht in Burundi in den Händen einer Clique von Tutsi rund um Präsident Pierre Buyoya, der 1996 per Putsch an die Macht kam. Sie stammen alle aus der Südprovinz Bururi. Bei Tutsi aus anderen Provinzen wächst die Opposition gegen Buyoya.

Auch über Wahlen sind sich die Tutsi-Politiker uneins. „Natürlich müssen irgendwann Wahlen stattfinden“, sagt Friedensminister Niyonsaba. „Wie im Rest der Welt: ein Mann, eine Stimme. Das haben wir so in Arusha beschlossen.“ Aber Buyoyas Tutsi-Rivale Epitace Bayaganakandi findet: „Die Welt versteht die Situation in Burundi nicht. Wahlen nach dem System ‚ein Mann, eine Stimme‘ funktionieren hier nicht. Darüber sind wir uns in Arusha einig geworden.“