Getarnte Totschläger

■ Krallen, Raketenwerfer, Drogenbrauereien – in Bremerhaven hat das Kriminalmuseum eröffnet / In dieser Splattershow wird der„Einfallsreichtum der Täter demonstriert“

Polizisten haben wohl einen spannenden Job: Den ganzen Tag Verbrecher jagen und im Ernstfall mit Pistolen rumballern. Wer sich im neuen Kriminalmuseum der Polizei Bremerhaven umschaut, der bekommt einen ganz anderen Eindruck – rumballern tun wohl eher die Verbrecher, und das nicht zu knapp, davon zeugen eine durchlöcherte Uhr und ein ähnlich misshandeltes Straßenschild gleich am Eingang des Museums, das in der alten Gewahrsamsstelle des Polizeireviers im Stadthaus 6 untergebracht ist.

Hinter der Gittertür wird dann auf einem Flur und in fünf ehemaligen Gewahrsamszellen „der Einfallsreichtum der Täter demonstriert“, so der Leiter der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle, Manfred Koschutzki. Die haben sich tatsächlich so einiges ausgedacht. Zum Beispiel einen als harmlosen Spazierstock getarnten Totschläger, waghalsige Strickleiter-Konstruktionen und einen etwa eineinhalb Meter langen Raketenwerfer Marke Eigenbau.

Insgesamt drei Klauenhandschuhe – Arbeitshandschuhe mit metallummantelten Fingern und langen, scharfen Klauen dran, gehören auch zur Sammlung. Die wurden in den 60er Jahren gebastelt, als es brutale Bandenkriege gab, für die sich die einzelnen Gangs immer brutalere Waffen ausdachten. Als Schutzschild gegen solche Krallen dienten Mülleimerdeckel.

Die unzähligen Gewehre, Pistolen und Revolver sind wohl eher für Liebhaber interessant, aber eine winzige Pistole von etwa drei Zentimetern Länge hat doch auch einen gewissen Charme.

Der „Sitzungsraum“ ist eine Verwahrungszelle, die original hergerichtet wurde, so dass der Besucher einen Eindruck erhält, wie bis vor etwa fünf Jahren zum Beispiel Alkohol-Sünder untergebracht wurden. In einem weiteren Raum sind verschiedene Drogen ausgestellt und etwas altmodisch anmutende Geräte, mit denen synthetische Drogen hergestellt wurden. Glaskolben in den verschiedensten Formen und lange Schläuche, außerdem ein geheimnisvoller schwarzer Kasten. Wer weiß, was in diesen Gerätschaften nicht alles an LSD und ähnlichen Substanzen zusammengebraut wurde. Ob diese Exponate den Zielen des Museums als „Mosaikstein im Geflecht der Prävention“ nun gerecht werden, oder eher Nachahmer auf den Plan rufen, ist fraglich. Deshalb haben die Führer auch vor, bei Schulklassen voll pubertierender Teenager oder anderen Besuchern, bei denen die Wirkung solcher Exponate fraglich ist, den Raum einfach – ganz im Sinne der Prävention – abzuschließen.

Die grausamsten Bilder und Exponate der Kriminal-Sammlung wurden vorsichtshalber weggeschlossen in einen eigenen kleinen Raum, der nur künftigen Polizisten oder besonders autorisierten Personen zugänglich gemacht wird. Bilder von vergewaltigten Frauen, konservierte abgetriebene Föten und furchteinflößende Geräte, die verzweifelte Schwangere in den 50er Jahren zur Abtreibung benutzten sind dort unter anderem zu sehen.

Insgesamt haben die zuständigen Beamten gemeinsam mit den beiden ABM-geförderten Mitarbeitern „großen Wert darauf gelegt, die Exponate selbsterklärend aufzubauen“, erklärte Koschutzki. Ihre volle Wirkung entfalteten die „stummen Zeugen“ aber erst durch die dazu gehörenden Geschichten, die einen Eindruck von dem persönlichen Schicksal vermitteln, das hinter jedem einzelnen Exponat steht“.

Mindestens eineinhalb Stunden brauche man, um sich einen gewissen Überblick zu verschaffen, so Koschutzki. Derzeit werden nur Gruppenführungen mit Voranmeldung (unter Tel.: 0471/9531401) durchgeführt, maximal 20 Personen dürfen auf einmal rein.

viv