... dagegen waren Merkel und Merz stets eifrig bemüht ...

Die Oppositionsführung tut sich in ihrer Antwort an Schröder schwer: Unbeholfen in ihrer Kritik an der Regierungsarbeit, einfallslos in der Darstellung eigener Verdienste

BERLIN taz ■ „Wir stehen Ihnen mindestens genauso lange für Fragen zur Verfügung wie der Bundeskanzler“, sagt Friedrich Merz. Da muss selbst Angela Merkel grinsen. Nach 30 Minuten verläuft die Veranstaltung schon reichlich schleppend, nach gut 50 Minuten fällt wirklich niemandem mehr eine Frage ein. Das Spitzenduo der deutschen Christdemokratie wird in den Sommerurlaub entlassen. Opposition sein ist so undankbar.

Im selben Saal hatte zuvor Gerhard Schröder problemlos eineinviertel Stunden Rede und Antwort gestanden, ohne dass die professionellen Frager der Bundespressekonferenz Anzeichen von Langeweile zeigten. Regieren kann so einfach sein. Wenn Friedrich Merz Altbekanntes wiedergibt, wirkt er ermüdend, wenn Schröder sich wiederholt, verbreiten die Nachrichtenagenturen es unter der Überschrift „Der Bundeskanzler hat bekräftigt“. Doch die CDU-Vorsitzende und der Unionsfraktionschef im Bundestag, der zunehmend wie ihr Adjutant auftritt, haben ihr Unglück noch selbst verstärkt.

Schon die Vorbereitung ging schief: Merkels Spion musste draußen bleiben, als der Kanzler sprach. Dabei hatte die CDU doch die Sozis mit ihren eigenen Waffen angehen wollen. Die „Feindbeobachtung“ war 1998 das Prunkstück der „Kampa“, der SPD-Wahlkampfzentrale, mit deren Hilfe Gerhard Schröder als erster Kandidat in der Nachkriegsgeschichte aus der Opposition heraus Kanzler wurde. Siegen kann nur, wer weiß, was der Gegner plant, lautete die Lehre der „Kampa“. So schickte Merkel vor dem eigenen Auftritt einen Mitarbeiter, um bei Schröder zu lauschen. Der Mann scheiterte an der Einlasskontrolle – ihm fehlte der Presseausweis.

Mehr noch als andere Termine im Kalender des politischen Berlin sind die Pressekonferenzen zur Sommerpause Illusionisten-Nummern. Wer für die Dauer von 50 oder 75 Minuten das Publikum halbwegs in Bann zieht, kann sich am nächsten Tag über gute Presse freuen. Wenn die Opposition sehr gut ist, treibt sie die Illusion so weit, dass es für einen Augenblick scheint, sie könne die bessere Regierung abgeben. Viel Willensanstrengung braucht es dafür, ein paar unverbrauchte Slogans und vor allem ein gutes Gespür für jene Themen, bei denen sich die Schwächen der Regierung mit der Unzufriedenheit im Land decken.

Nichts davon bieten Merkel und Merz, und auch sonst nichts Neues. Schröder kann es nicht. Bei der Einwanderung soll Rot-Grün das Unionskonzept übernehmen. Für Makedonien fehlt der Bundeswehr das Geld. Bei den Sexualverbrechern soll der Bundeskanzler handeln, nicht reden. Und im Übrigen braucht Deutschland bald einen Regierungswechsel.

Jeder Aspekt für sich genommen mag der Union am Herzen liegen, doch versteht die Partei es nicht, daraus ein schlüssiges Konzept zu schmieden. Den Grund verrät Angela Merkel unfreiwillig, als sie das Motto nennt, unter das sie die Politik der CDU stellt: „Es geht um eine moderne Politik der Mitte.“ Näher könnte man ein Konzept nicht an das Motto der SPD rücken. Schröder gewann mit der Erfindung der Neuen Mitte. Ehe er damit nicht grandios gescheitert ist, ist für die Union dort nichts zu holen.

Über die Vielfalt ihrer Kritikpunkte verpasst das Oppositionsduo, dem Kanzler kräftig nach seiner Achillesferse zu schnappen: der Konjunktur. „Der Kanzler des Aufschwungs wird zum Kanzler des Abschwungs“, lautet zwar ein Vorwurf. Doch dafür, dass hier und nur hier Rot-Grün verwundbar ist, fiel der Versuch eher zahm aus. Angela Merkel ist trotzdem optimistisch. „Wenn wir mal wieder eine Mehrheit haben, sehe ich die Chancen sehr viel besser.“

PATRIK SCHWARZ