In der Hochburg

Im Wintersemester 2000/2001 waren in Berlin 133.600 StudentInnen eingeschrieben. 41.380 von ihnen studierten an der Freien Universität, 27.770 an der Technischen Universität und 34.420 an der Humboldt-Universität. Hinzu kommen dreißigtausend Studierende an einer der dreizehn Berliner Fachhochschulen, allen voran die Fachhochschule für Technik und Wissenschaft mit 7.900 StudentInnen.

Deutschlandweit gab es 1998 knapp 1.365.000 Studierende an deutschen Universitäten und Kunsthochschulen, hinzu kamen 1.800.650 an weiteren Hochschulen. Das Bundesland mit den meisten Studienanfängern ist Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Bayern und Baden-Württemberg. Berlin als eines der kleinsten Bundesländer belegt mit 18.695 Erstsemestlern einen Mittelwert in der Statistik.

Laut Statistischem Landesamt Berlin steigt die Zahl der Studierenden wieder, nachdem sie zwischen 1994 und 1999 um 20.000 Immatrikulierte gefallen war. Den größten Zuwachs – nämlich ein Plus von 1.500 StudentInnenen – kann die Humboldt-Universität verzeichnen. Einzig die Technische Universität hatte einen leichten Rückgang.

Die Zahl der Bafög-EmpfängerInnen an Universitäten in ganz Deutschland lag 1998 bei 210.332. Nimmt man auch die StudentInnen an Fach- und Kunsthochschulen hinzu, kommt man in den alten Bundesländern auf eine Gesamtzahl von 389.964 Bafög-Geförderten, in den neuen Bundesländern auf 138.602. Insgesamt bezieht also nur rund ein Sechtel aller Studierenden Bafög.

Callcenter, Promotionagenturen, Fahrradkurierdienste und Zeitarbeitsfirmen sind auf studentische Arbeitskräfte angewiesen. Zum Beispiel gäbe es den gepriesenen Callcenter-Boom gar nicht, wären nicht Tausende von StudentInnen von einem Nebeneinkommen abhängig – und zwar so stark abhängig, dass sie auch schlecht bezahlte Jobs und unsichere Arbeitsverhältnisse in Kauf nehmen müssen. Je mehr Studierende in einer Stadt leben, desto größer ist auch die Konkurrenz: Berlin gilt mit drei Universitäten und etlichen Hochschulen als Studentenhochburg.

Sprachliche Gewandtheit, soziale Kompetenz, eine gute Allgemeinbildung, Freude am Service, Belastbarkeit und Flexibilität sind unentbehrliche Attribute, mit denen sich ein arbeitssuchender Studierender schmücken sollte, um eine Anstellung zu finden. Und natürlich muss man den neuen Medien aufgeschlossen gegenüberstehen: Schon heute nutzen zum Beispiel fünfzig Prozent der Callcenter das World Wide Web, über sechzig Prozent beraten via E-Mail.

Dank moderner Geschirrspülmaschinen werden heutzutage keine Tellerwäscher mehr gesucht, sondern fast nur noch Callcenter-Agents, Supervisoren, Adviser und Promoter. Nur noch wenige stehen ganz einfach bloß bei „Nanu Nana“ an der Kasse, tragen Briefe aus, reißen Kinokarten ab oder betreuen Behinderte. Ohne eine gute PC-Erfahrung, eine blitzschnelle Auffassungsgabe und vorzeigbare Englischkenntnisse sind die Möglichkeiten stark eingegrenzt.

Immerhin gibt es noch einige Kinder, die an den alten Studentenweihnachtsmann glauben, der Heiligabend hereinschneit und im Zehn-Minuten-Takt Gedichte abfragt und Geschenke verteilt. Doch diesen Job gibt es leider nur einmal im Jahr.

SUE HERMENAU