Lohnstreit ohne Not

Die städtische Stiftung Berufliche Bildung will neuen Tarif durchsetzen  ■ Von Kaija Kutter

Mit einer 30-minütigen Arbeitsniederlegung protestierten 70 Mitarbeiter der stadteigenen Stiftung Berufliche Bildung (SBB) gestern gegen drohende Gehaltssenkungen. Noch am Abend zuvor hatten Aufsichtsrat und Vorstand der von der Schulbehörde kontrollierten Stiftung den Austritt aus der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg (AVH) beschlossen.

„Wir mussten dies tun, weil sich ver.di weigert, über einen neuen Tarif zu verhandeln“, sagt SBB-Chef Frank Glücklich. Nur so sei es möglich, aus dem jetzigen Bundesangestelltentarif (BAT) auszusteigen, der durch seine altersabhängigen Zulagen „brachenunübliche Kosten“ verursache.

„Ohne Not“, so hält SBB-Betriebsrat Detlef Zunker entgegen, werde hier „Tarifflucht“ begangen. Denn der Weiterbildungsschmiede an der Wendenstraße, die Erwachsene umschult und fortbildet und dafür über 220 ausgebildete Pädagogen auf 170 Stellen beschäftigt, ginge es „wirtschaftlich sehr gut“. Auch wenn die Stiftung keinen Gewinn ausweisen dürfe, habe sie doch in den vergangenen Jahren ein „positives Betriebsergebnis“ erzielt. So wäre der SBB trotz Stellenabbau in den letzten fünf Jahren eine „beispielslose Effektivitätssteigerung“ gelungen. Seit die Lehrer in Zehner-Teams zwei bis drei Kurse betreuen, sei die Zahl der geleisteten Unterrichtsstunden um 42 Prozent gestiegen. Zunker: „Unsere Arbeitsweise wird anderen im öffentlichen Dienst als positives Beipiel vorgehalten.“

Der Fleiß soll nun nicht belohnt werden. Einen „Jugendtarif“ ohne Familien- und Alterszulagen, dafür aber mit Leistungsprämien und Erfolgsbeteiligung sähe Frank Glücklich gern durchgesetzt. Der neue Tarif solle nur für künftige Mitarbeiter gelten, betont dieser: „Wir sind zuversichtlich, dass wir dafür gute Mitarbeiter bekommen.“ Doch die Arbeitnehmervertreter sind grundskeptisch. So hätten die 70 Mitarbeiter einer SBB-Tochterfirma, die nach Jugendtarif eingestellt wurden, „noch nie eine Erfolgsprämie gesehen“, berichtet Zunker. Und die individuelle Leis-tungszulage, im Weiterbildungsektor eh schwer zu bemessen, sei pauschaliert worden. Zunker: „Insgesamt hätte ein junger Lehrer bei Neueinstellung 2000 Mark brutto weniger im Portemonnaie.“ Will man ihnen mehr geben, das deutete der Vorstand in einem Brief an, müsse man dies durch „Einschnitte in den Besitzstand“ der Alten gegenfinanzieren.

„Es gibt bundesweit kaum Weiterbildungsunternehmen, die nach BAT bezahlen“, hält Glücklich dagegen. Und auch wenn die SBB im Jahr 2000 noch „gerade eine rote Null“ geschrieben habe, müsse man „vorsorgen, damit wir nicht ein Krisenunternehmen werden“.

„Wir sind ausgebildet und arbeiten wie richtige Lehrer“, beharrt Detlef Zunker und hat eine düstere Vision: Nicht nur für die übrigen Weiterbildungsträger wie Grone und Zebra, auch im Schulwesen könnte der junge Tarif eines Tages gelten.