Neulich vor Gericht
: Eindringlich abgemahnt

■ Von zwei Deutschrussen und einer nicht-erhellten Geschichte

„Egal welche Strafe bei dieser Verhandlung hier rauskommt, und egal, ob sie selbst unangenehme Fragen gestellt bekamen: es ist richtig zur Polizei zu gehen, wenn man nicht mehr weiter weiß.“ Mit diesen Worten entließ Richterin Ellen Best Vladimir B. – Vater der mutmaßlich geschädigten Familie B.

Am Ende gab es keine hohe und keine niedrige Strafe für die beiden angeklagten deutsch-russischen Freunde, die im Verdacht standen, mit einer dritten, unbekannten Person die Familie B. erpresst und ihrer Freiheit beraubt zu haben. Und das lag nicht zuletzt an Nadischka B. und ihrem Mann selbst. Als wäre es ihnen mittlerweile unangenehm, die beiden 24-Jährigen angezeigt zu haben, wichen sie Fragen aus oder antworteten anders als noch im Polizeiprotokoll vermerkt.

Der sichere Teil der Geschichte: Letzten Sommer betraten die beiden jungen Männer, Sergeij G. und Vladimir Sch. die Eigentumswohnung der B.s, ebenfalls Russlanddeutsche, in Tenever und forderten 17.000 Mark. Sie forderten das Geld, fesselten ihn mit Klebeband, ließen ihn dann aber wieder frei, rauchten, redeten weiter, sperrten den Hund auf den Balkon und sahen, während sie auf Frau B. warteten, mit Sohn Arthur B. fern.

Als Frau B. mit der 14-jährigen Tochter nach Hause kam, verzogen sich die Erwachsenen ins Nebenzimmer, nur Sergeij blieb bei den Kindern. Dann verließen die jungen Männer die Wohnung mit den Worten, „Bis Ende der Woche muss das Geld da sein.“ Ob sie dann noch die Drohung: „Sonst holen wir eure Kinder“ hinterschoben, ob sie mit Messern fuchtelten und Gewalt androhten, konnte nicht geklärt werden.

Ebenso unklar blieb, was es mit den 17.000 Mark auf sich hatte. Verkauften die B.s geschmuggelte Zigaretten? „Schuldeten“ sie dem Zwischenhändler das Geld? Das behauptet ein Angeklagter. Oder forderten sie das Geld einfach so? Weil eine Eigentumswohnung auf Geld schließen lässt? Das vermuten die B.s. Aber warum dann ausgerechnet 17.000 Mark – wunderte sich das Gericht.

Und keiner wusste Antwort.

Dafür wusste der Angeklagte und offenkundige Chef der jungen Männer Vladimir Sch., warum bei ihm nach der Tat drei Rollen mit Klebeband gefunden wurden. Eine habe er immer im Auto, falls Schläuche kaputt gehen, das Krepp-Band brauche er, weil es so gut von den Tapeten wieder abgeht, wenn man mal was streichen will, und das dritte brauche er, um seine Puzzles von hinten zu fixieren.

Weil die Erpressung nicht nachgewiesen werden konnte, und weil die „Freiheitsberaubung“ recht geringfügig war, wurde das Verfahren gegen beide eingestellt. Sergeij G. muss 500 Mark in die Staatskasse zahlen. Vladimir Sch., der ohnehin gerade eine viel schwerer wiegende Bewährungsstrafe wegen Heroinbesitzes abbüßt, wird von der Richterin eindringlich ermahnt: „Ich rate Ihnen dringend: Ziehen Sie sich aus diesen Kreisen, in denen Sie sind, zurück.“

hey