Freie Fahrt zum G 8

Der EU-Sonderrat folgt Schily nicht und überlässt es den Ländern, „Krawalltouristen“ an der Einreise zum Genua-Gipfel zu hindern

BRÜSSEL taz ■ Die EU-Innenminister trafen sich gestern in Brüssel zu einem Sonderrat, um über Konsequenzen aus den gewalttätigen Demos am Rande des Göteborger Gipfels zu beraten. Während einige Länder im Vorfeld dafür plädierten, mögliche Maßnahmen in Ruhe abzuwägen und die Konsequenzen für die Demonstrationsfreiheit zu prüfen, drängte vor allem Bundesinnenminister Otto Schily zur Eile. Beim Gipfel der acht reichsten Industrienationen ab nächsten Freitag in Genua werden erneut „Krawalltouristen“ erwartet.

Um die Bedenken von Finnland, Irland und Griechenland gegen Reisebeschränkungen auszuräumen, sieht der geplante Innenministerbeschluss nun vor, jedem Land selbst zu überlassen, welche Maßnahmen es ergreifen will. Auch Frankreich, Österreich, Dänemark, Schweden und die Niederlande gehen die Vorschläge zu weit, die Otto Schily zur Diskussion stellte. „Deutschland wird alle Erkenntnisse nutzen, um zu verhindern, dass Personen, von denen wir annehmen, dass sie Gewalttaten begehen, sich an diesen Ort begeben“, kündigte Schily an.

Die Möglichkeit, aktenkundigen Gewalttouristen vorübergehend den Pass zu entziehen, war in Deutschland geschaffen worden, um Hooligans daran zu hindern, zu Fußballspielen zu gelangen. Auslöser waren Ausschreitungen bei der WM 1998 in Frankreich, wo der Polizist Daniel Nivel schwer verletzt wurde.

Die Innenminister einigten sich darauf, wie bei Fußball-Großveranstaltungen auch bei politischen Treffen Verbindungsbeamte in die Konferenzorte zuschicken, um gewaltbereite Demonstranten möglichst frühzeitig zu erkennen. Die Polizeikräfte sollen enger zusammenarbeiten, Informationen über Gewalttäter ausgetauscht werden, allerdings, wie Schily betonte, „auf der Grundlage der im jeweiligen Land gültigen Gesetze zur Datensammlung“. Auf eine europaweite Datei habe man sich noch nicht einigen können.

Italien werde sicher vor dem G-8-Gipfel, wie im Schengen-Abkommen vorgesehen, die Grenzkontrollen vorübergehend wieder einführen. Keinesfalls solle damit das Demo-Recht eingeschränkt werden. „In Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen und Kirchen garantieren die Italiener das Recht auf Versammlungsfreiheit“, so Schily. Mittelfristig müsse aber darüber nachgedacht werden, wie die NGOs selbst dazu beitragen könnten, Gewalt zu verhindern. DANIELA WEINGÄRTNER