Ein goldener Kranz für Hannover

DRC wird zum vierten Mal deutscher Meister im Rugby und darf zur Belohnung nun in Schottland spielen

HEIDELBERG taz ■ „Es ist gut, wenn man den 16. Mann, die Fans, hinter sich weiß“, hatte Kay Kocher, der 31-jährige Gedrängehalb des SC Neuenheim vor dem zweiten Endspiel um die deutsche Rugby-Meisterschaft gegen den DRC Hannover gesagt und auf die lautstarke Unterstützung der Neuenheimer Zuschauer gebaut. Zuversichtlich angetreten waren die Blau-Weißen, dass sie den 12:28-Rückstand aus dem Hinspiel noch würden wettmachen können. Am Ende aber blieb Kocher nur der süßeste Trost: Die kleine Tochter, die froh war, ihren Papa heil wieder zu haben, wich ihm nicht mehr vom Arm.

Dabei hatte es so gut begonnen für die fünfzehn aus Neuenheim. Shaun Smit, Verbindungshalb der Nationalmannschaft von Simbabwe, hatte den SCN durch zwei Straftritte in der 4. und 22. Minute mit 6:0 in Führung gebracht und die Hoffnung sprießen lassen: Elf Punkte fehlten da nur noch zum Gesamtsieg, aber acht Minuten später redete davon niemand mehr: Den Neuenheimern versprang nahe ihrer Mallinie der Ball, der DRC Hannover nutzte diesen Fehler gnadenlos aus und legte einen Versuch. Dass es zur Pause immer noch 6:5 für die Gastgeber stand, lag daran, dass der DRC seine Chancen nicht nutzte.

Neuenheims Trainer Rudolf Finsterer, der sich künftig ausschließlich um die deutsche U-21-Nationalmannschaft kümmern wird, hatte seinen Platz auf der Trainerbank schon mal seinem Assistenten Martin Frauenfeld überlassen und postierte sich selbst hinter dem Malfeld. Dort hing auch jenes Transparent, das selbstbewusst verkündete: „Nur Neuenheim“. Dies zu realisieren, hatten die Heidelberger in der zweiten Halbzeit immer noch genügend Gelegenheiten. Die Stimmung auf dem Platz an der Tiergartenstraße war auf dem Höhepunkt, als Karli Hauck vier Minuten nach Wiederbeginn eine Überzahlsituation ausnutzte und einen Versuch legte, den Shaun Smit auf 13:5 vollendete.

Doch danach nahm das Unglück endgültig seinen Lauf für die Hausherren: Smit verletzte sich an der Schulter und wurde ebenso ausgewechselt wie der lädierte Alexander Widiker, zudem setzte Kay Kocher ganz ungewohnt einen Straftritt neben die Malstange. Die Hannoveraner machten es da schon besser und verkürzten mit einem tollen Dropkick auf 13:8.

An ihrem vierten Meistertitel nacheinander zweifelte nun kaum noch jemand, erst als sie fünf Minuten später durch eine rote Karte einen Mann verloren, kam der SCN nochmals auf, agierte aber zu ungestüm und ungenau, um den hohen Rückstand aus dem Hinspiel noch ausgleichen zu können. So überstanden die Grün-Schwarzen aus Hannover-Ricklingen mit Glück und Geschick auch die Nachspielzeit und freuten sich anschließend über den goldenen Meisterkranz. Zur Extrabelohnung fährt das Team von Trainer Torsten Schippe zudem vom 9. bis 19. August nach Schottland. Dort werden Pokalsieger RFC Edinburgh und einige Auswahlmannschaften aus Glasgow die Gegner sein. Fürchten muss man dabei nicht um die Reputation des deutschen Club-Rugbys, der DRC Hannover ist derzeit die einzige deutsche Mannschaft, die mit ausländischen Teams diesen Kalibers mithalten kann.

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