Kritik steht nicht auf dem Programm

Der rot-grüne Senat setzt bei den noch von Diepgen geplanten Asien-Pazifik-Wochen keine eigenen Akzente

An Konzept und Inhalt der vom 17. bis 30. September geplanten dritten Asien-Pazifik-Wochen hat der neue rot-grüne Senat nichts geändert. Dies bestätigte Reiner Seider, der Gesamtkoordinator der Veranstaltungsreihe in der Senatskanzlei, am Dienstagabend bei der Vorstellung des diesjährigen Programms vor Journalisten. Es wäre zu viel vom neuen Senat verlangt, wenn er dazu in kurzer Zeit eigene Vorstellungen hätte entwickeln und umsetzen sollen, so Seider. Der Senat habe momentan mit der Vorbereitung des Wahlkampfs andere Sorgen.

Laut Martin Posth, Exchef des VW-Werks im chinesischen Shanghai und Präsident des Asien-Pazifik-Forums Berlin, das die Wochen mitorganisiert, sei die Veranstaltungsreihe ohnehin nie parteipolitisch orientiert, sondern immer im Gesamtinteresse der Stadt gewesen. Deshalb sei es nur folgerichtig, wenn der neue Senat an den bisherigen Planungen festhalte.

Die 1997 erstmals vom damaligen Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) intitiierte und alle zwei Jahre stattfindende Veranstaltungsreihe hatten Menschenrechtler, Wissenschaftler und Nichtregierungsorganisationen bisher als zu einseitig kritisiert, weil sie sich zu sehr auf Wirtschaft und Kultur bei gleichzeitiger Umgehung wichtiger politischer Fragen konzentrierte. Doch im Unterschied zu Diepgen, der immerhin das Potenzial der fernöstlichen Region erkannte, entwickelten SPD, PDS, Bündnisgrüne und FDP nie eigene Vorstellungen von Berlins Beziehungen zu Asien.

Länderschwerpunkt der diesjährigen Veranstaltungsreihe ist die Volksrepublik China. Das ließe spannende Debatten erwarten. Doch heikle Themen wie Migration, Korruption, Menschenrechte, Taiwan oder Tibet sucht man im Programm vergeblich.

Allerdings trägt der Senat hierfür nicht allein die Verantwortung. Denn in Absprache mit der mitveranstaltenden chinesischen Regierung bietet er nur einen Rahmen, den unabhängige Veranstalter dann auf eigene Kosten mit eigenen Ideen ausfüllen. „Wir versuchen einen möglichst umfangreichen Ansatz zu präsentieren und breites Interesse zu wecken“, sagte Koordinator Seider. Einige von der Senatskanzlei angesprochene Organisationen wie zum Beispiel Greenpeace hätten eine Beteiligung jedoch abgelehnt. Professor Eberhard Sandschneider, Vizepräsident des Asien-Pazifik-Forums und Leiter der Arbeitsstelle Politik Chinas und Ostasiens an der FU, sagte zur taz, heikle Themen kämen sehr wohl vor: „Wir nennen es nur anders. Dass in der Titelgebung nichts vorkommt, was die Chinesen irritiert, ist verabredete Politik.“

Höhepunkt der diesjährigen Asien-Pazifik-Wochen mit 230 Einzelveranstaltungen ist aus Sicht der Senatskanzlei ein europäisch-chinesischer Wirtschaftskongress. Dazu werden 400 Teilnehmer einschließlich einer chinesischen Delegation, des Bundeskanzlers, einige Minister sowie des EU-Handelskommissars erwartet. Mit drei Millionen Mark aus Lottomitteln werden 15 Großveranstaltungen traditioneller und moderner Kultur im Rahmen eines China-Festes finanziert, so Seider. Mit einem ähnlichen Betrag finanziere Chinas Regierung in Berlin die größte Darstellung chinesischer Kultur, die es je im Ausland gegeben habe. SVEN HANSEN