Politik abgestürzt

Diepgen: Flughafenprivatisierung ist auch an der komplizierten politischen Situation gescheitert

Das Scheitern der ersten Flughafenprivatisierung ist auch auf politische Gründe zurückzuführen. Die Gesellschafter, Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg, hätten sich nicht auf eine Entschuldung der Flughafenholding BBF einigen können, sagte der ehemalige Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) gestern vor dem Untersuchungsausschuss. Dies sei „Ursache für ein kompliziertes System“ von Gesellschaften und Privatisierungsverträgen gewesen. Diepgen machte dafür die von den Haushaltspolitikern aller Parteien vorgegebene Linie, Belastungen im aktuellen Haushalt zu vermeiden, mitverantwortlich. Zudem habe es Misstrauen zwischen den Partnern gegeben.

Diese Spannungen bestätigte der Innensenator und das ehemalige Flughafen-Aufsichtsratsmitglied Erhard Körting (SPD) gestern vor dem gleichen Gremium. Es habe mitunter ein „intensives Misstrauen“ zwischen den beiden Landesregierungen geherrscht. Die Brandenburger hätten nicht den Eindruck gehabt, dass die Berliner CDU die Flughäfen Tempelhof und Tegel wirklich schließen wollte. Im Konsensbeschluss einigten sich Berlin, Brandenburg und der Bund im Mai 1996, den neuen Großflughafen in Schönefeld zu errichten und die Berliner Flughäfen zu schließen. Brandenburg hatte zuvor den Standort Sperenberg favorisiert, um eine wirtschaftsschwache Region zu entwickeln. Dieser Standort war den Berlinern zu stadtfern. Sie wollten die neuen Flughafenjobs und die damit verbundenen Steuereinnahmen quasi vor der Haustür. Kurz vor dem Konsensbeschluss war die Länderehe Berlin-Brandenburg gescheitert.

Zur Rolle des umstrittenen Beraters Herbert Märtin (SPD), der maßgeblich an der Lösung der Standortfrage beteiligt war, äußerte sich Diepgen positiv. Im Hinblick auf den Konsensbeschluss habe Märtin geholfen, bei „seiner Partei Sprachlosigkeit“ zu überwinden.

Ähnlich äußerte sich der ehemalige Senatskanzleichef Volker Kähne. Allerdings habe er den späteren Versuch von Märtin, sowohl die Projektsteuerung für die Flughafenprivatisierung als auch einzelne Projektausführungen für seine Firma zu erhalten, kritisch gesehen. Dies habe den Eindruck eines „Selbstbedienungsladens“ gemacht. Für Märtin hätten sich der damalige Chef der brandenburgischen Staatskanzlei Jürgen Linde sowie die ehemalige Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) stark gemacht. Beide waren gestern in den Ausschuss geladen, aus Termingründen aber nicht erschienen. Körting bestätigte indes, dass Märtin eine Parteispende an die SPD geleistet habe.

Die Flughafenholding war 1999 an ein Konsortium um den Essener Baukonzern Hochtief veräußert worden. Gegen die Vergabe klagte die unterlegene IVG erfolgreich. Mittlerweile bewerben sich beide zusammen um das Acht-Milliarden-Projekt.

RICHARD ROTHER