Erheiterndes Scheitern

■ Kunst goes splatter goes Kino: „Office Killer“ von Sherman hat unfreiwillige Qualitäten

So hässlich kann wohl nur eine Frau andere Frauen zeigen. Ein Mann würde als misogyn beschimpft, bei Cindy Sherman ist es eher eine durchgängige Misantrophie – denn nicht nur die Frauen, sondern auch die paar Männer des Films sind radikal auf eklig geschminkt, ausgeleuchtet und aufgenommen.

Die New Yorker Fotokünstlerin hat in ihrem ersten Spielfilm, ähnlich wie in ihren anderen Arbeiten, die Klischees der Waren- und Medienwelt extrem übertrieben, um sie kenntlich zu machen. „Untitled Film Stills“ hießen ihre gefeierten Standbilder aus fiktiven Filmen in den siebziger Jahren. Jetzt konnte sie der Versuchung nicht widerstehen, die „stills“ in Bewegung zu setzen. Das Hauptproblem dabei ist nur, dass sie eine statische Geschichte dramaturgisch so ungeschickt erzäht, dass ihre Filmsequenzen immer noch wie Standbilder wirken.

Der „Office Killer“ ist Dorine: eine unscheinbare, scheue Korrektorin in einem Büro, in dem die Frauen das Sagen haben. Ihr erstes Opfer tötet sie aus Versehen, doch dann findet sie Gefallen daran, alle, die sie bei ihrer Arbeit schikaniert haben, umzubringen, und bei sich zu Hause als glückliche, wenn auch tote Familie im Wohnzimmer zu arrangieren. Auch hier sucht Cindy Sherman die Klischees: graue Maus, herrische Chefin, hinterhältige Freundin, faule Zicke, geiler Kollege, tyrannische Mutter – alle Filmfiguren bleiben extrem eindimensional und die Geschichte entwickelt sich immer mehr zu einer Abfolge von Splatter-Effekten. Hände wühlen in Eingeweiden, ein Messer dringt in ein Auge ein, in Dorines Wohnzimmer verrotten die Leichen und so weiter.

Alles schön eklig, aber viel mehr auch nicht! Cindy Sherman stellt hier die Klischees nur aus, stellt ihnen nichts entgegen, und so werden ihre Spiegelungen der Klischees schnell selber zu solchen.Ein Film, in dem es keinen einzigen auch nur halbwegs sympathischen Protagonisten gibt, ist schwer zu ertragen, und genau dies ist das Hauptproblem von „Office Killers“. Cindy Sherman hat scheinbar nicht begriffen, wie Klischees funktionieren. Sie hat sie mit dem guten Auge der Fotografin erkannt und absurd übertrieben, aber nicht analysiert, und so funktionieren sie nicht als Schmiermittel der Traumfabrik, sondern höchstens als Freakshow.

Extrem hässlich sieht bei ihr übrigens Barbara Sukowa in ihrer ersten Rolle in Amerika aus: als Bürochefin keift sie besonders laut, saugt dabei abwechselnd an der Zigarette und dem Asthmainhalierer, und weil sie als eine der Ersten umgebracht wird, verwest sie danach sehr ausgiebig.

Manchmal gibt es Ansätze von schwarzem Humor, aber der ist so schwerfällig und unbeholfen, dass er höchstens unfreiwillig durch sein Scheitern erheitert. Und langsam bekommt man den Eindruck, Cindy Sherman habe hier leicht angewidert einen Film gemacht, der dem Publikum entgültig den Geschmack am Kino verderben soll.

Wilfried Hippen

„Office Killer“ läuft bis Dienstag täglich um 22 Uhr im Kino 46