Keine Entschuldigungen nötig

■ Zum vierten Mal finden auf der Tennisanlage des Klipper THC die Dresdner Bank Open statt

Die Dresdner Bank Open sind nicht das Turnier am Rothenbaum. Glaubt man Rüdiger Schoth, Sportdirektor des THC Klipper und Turnierdirektor der vierten Auflage des Tenniswettbewerbs, dann ist das auch gut so: „Sehen sie sich die Pfeifen doch an, Haas, Kiefer und wie sie alle heißen. Die haben doch schon vor dem Spiel die Entschuldigung für die Niederlage im Kopf, obwohl sie das Talent hätten, um ganz vorne mitzuspielen.“

Dabei hat Schoth eigentlich keinen aktuellen Anlass zur Klage. Vom kommenden Mittwoch an und bis zum Sonntag findet die Damen- und Herrenkonkurrenz statt, vom 29. bis zum 31. Juli die der Junioren der Jahrgänge 1985 bis 1990. 208 Meldungen sind bislang eingegangen und das Turnier ist wieder, so Schoth stolz, „richtig gut besetzt“. Fünf der Spieler, darunter der Hamburger Lokalmatador Arne Kreitz, und zehn Spielerinnen sind unter den ersten Hundert der Rangliste des Deutschen Tennisbunds (DTB). Zudem lockt der Wettkampf mittlerweile auch gute Spieler aus dem Ausland an. Denn schließlich ist er mit insgesamt 25.300 Mark besser dotiert als einige Challenger Turniere. Auch Tobias Beayer und Daniel Steinbrecher, die im vergangenen Jahr ungesetzt das Doppel gewannen und auf ihrem Weg ins Finale zu Publikumslieblingen avancierten, meldeten sich pünktlich zurück.

Lediglich mit dem Termin des Endspiels am 29. Juli, der parallel zum Fussball-Bundesligabeginn liegt, habe man „ein Eigentor geschossen“, gibt Schoth zu. Doch „die Sponsoren wollten das so“. Mit Spannung wird der Auftritt des 13-jährigen Hamburger Ausnahmetalent Mischa Zverev erwartet. Der Uhlenhorster wird, mangels Konkurrenz in seiner Altersklasse, bei den Herren mitspielen und hoch gehandelt. Soweit ist also alles gut.

Der Zorn des Turnierdirektors trifft die deutsche Tenniselite. „Tiger Woods, die Klitschko Brüder, das sind im Augenblick die Vorbilder. Die sind top und haben was in der Birne, aber im Tennis?“ Verächtliches Achselzucken. „Die sind doch mit 23, 24 Jahren Dollarmillionäre“, schimpft Schoth, der seit über 30 Jahren im Geschäft ist. Wehmütig erinnert er sich an die Zeiten eines Boris Becker: „Der war zwar unausstehlich als Kind. Aber wenn er verlor, dann hat er geweint. Der konnte nicht verlieren.“

Die Arroganz der Becker Nachfolger bringt ihn dagegen in Rage. So plante der DTB, laut Schoth, eine Veranstaltung mit Thomas Haas. Sechzehn Hamburger Talente wurden eingeladen, doch der Silbermedaillengewinner von Sydney sagte in letzter Minute ab. Haas verlangte zwei Limousinen und vier Bodyguards, die ihn zur Nachwuchsarbeit begleiten sollten. Der DTB winkte ab. „Wenn er gekommen wäre, hätte er 16 neue Fans gehabt. Die hätten sich zwei Jahre nicht die Hände gewaschen“, ärgert sich Schoth angesichts Haas' Selbstherrlichkeit.

Weiteres Kopfschütteln provoziert die Frage nach den Eltern, die ihre Kinder schon frühzeitig auf Erfolg eichen wollen. Ehrgeiz erwartet er von den Spielern und nicht von den Eltern. Zur Not wird Hausverbot erteilt: „Wenn Eltern alles besser wissen, dann können sie auf dem Parkplatz warten, und das wissen sie auch.“ Letztendlich dient das dem Schutz der jungen Tennisspieler vor den überzogenen Erwartungen und Ignoranz einiger Eltern. „Die denken, wenn ihr Kind die Nummer fünf in Hamburg ist, dann wäre das schon was. Aber“, so wütet Schoth weiter, „wenn der dann nach Bayern kommt, wird er mit 0:6, 0:6 nach Hause geschickt.“ Was das für die Psyche und Motivation des Kindes bedeutet, könne man sich denken.

Und er erinnert sich an ein Jugendturnier vor langer, langer Zeit. Acht der damals besten deutschen Talente waren am Start. Lediglich zwei, Boris Becker und Carl-Uwe Steeb, waren später international erfolgreich. Vom Rest hat niemand je wieder gehört. Auch nicht bei den Turnieren des Klipper THC.

Philipp Sidhu