Danke, Garfield!

■ „Das Alsfelder Vokalensemble Bremen“ sang in Stephani und trinkt auf der Wolga

In der zweiten Zugabe erwies sich Domkantor Wolfgang Helbich, Leiter des „Alsfelder Vokalensembles Bremen“, als Meister der Dosierung: Eine knappe Strophe aus Melchior Vulpius' „Hinunter ist der Sonnenschein“ ließ er das Publikum in St. Stephani hören, dann war schon Schluss.

Zuvor allerdings hatte Helbig die Gefahren einer hallenden Akustik überschätzt und den Chor mit überproportionierten Konsonanten klappern lassen: Die fugatischen „Kyrie“-Einsätze der Monteverdi-Messe erhielten so unfreiwilligen Perkussions-Charakter. Mit dem finalen „Amen“ aber legten die ChoristInnen ihre Anfangsbefangenheiten ab, der letzte feste Kiefer löste sich und das Glücksmoment einer frei im Raum stehenden Harmonie, weit tragend und in sich transparent, war da.

Mit gelassener Leichtigkeit setzten die Alsfelder den „Das wisst ihr gewiss“-Psalm von Melchior Franck in die Luft (Nummer 116), immer in Gang gehalten durch die liebevolle Beschwingtheit des Helbig'schen Dirigats. Selten sind Dirigentenhände so gelöst zu sehen, bei gleichzeitig glasklarem Impuls. Mit dem nächsten Zeitsprung – 30 Jahre – gelangte das Programm exakt zum Ende des gleichnamigen Krieges, zu Heinrich Schütz' eindringlichem „Verleih uns Frieden gnädiglich“.

Helbigs häufige Bevorzugung schneller Tempi führte bei der Bach-Motette „Jesu, meine Freude“ zu einem wohltuend nihilistischen „Es ist nun nichts“, raubte aber der Fuge „Ihr aber seid nicht fleischlich, sondern geistlich“ neben dem Fleisch auch den Kern. Kleinodial gelang wiederum der Choral mit der schönen Zeile „Ob es itzt gleich kracht und blitzt“ – ebenso wie die Motetten im Mendelssohn-Bartholdy-Block.

Die Alsfelder verfügen in ihrer aktuellen Besetzung – als Projektchor setzen sie sich immer wieder neu zusammen – über Sopranstimmen, die wie von alleine oder einer günstigen Thermik in die Höhe gehoben werden; aber auch über solche, die den gelegentlich zur Perfektion neigenden Gesamtklang irritieren. Wie sehr wünscht man diesem Ensemble zarte, kontinuierliche Filigranität und Unbeschwertheit auch links vor dem Chorleiter.

Wo günstige Winde möglicherweise nicht langen, kann derzeit Väterchen Wodka helfen: Das Stephani-Konzert war für die Alsfelder letzte Vorbereitung für eine Wolga-Kreuzfahrt, die sie fröhlich schmetternd von St. Petersburg nach Moskau führen wird. Und das kam so: Der Chorleiter hatte ein Kaninchen, und das hieß Garfield. Sein Nachbar hatte einen Hund, und ist in nicht unbedeutender Weise bei einer großen Reederei beschäfigt. Dann biss der Nachbarhund das Chorleiterkaninchen, und zur Kompensation der Chorleiterkindertrauer arrangierte sich besagte Kreuzfahrt ...

Kindertränen zu chormusikalischen Perlen: ein Finanzierungsmodell, dem die Bremer letztendlich ein schönes Chorkonzert zu verdanken hatten. HB