Mit den Sparkassen auf Du
: Sparkassen-Freiheit kostet etwas

■ EU-Wettbewerbsaufsicht fordert Ende der staatlichen Haftung

„Denkbar ist alles“, sagt der Sprecher des Vorstandes der Städtischen Sparkasse Bremerhaven, Thomas Rebstock, nachdem eine deutsche Delegation unter Leitung des Finanz-Staatssektetärs Caio Koch-Weser mit dem EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti das Ende der öffentlichen „Gewährträgerhaftung“ für die Landesbanken und Sparkassen vereinbart hat. Denkbar ist alles – das heißt: Entschieden ist nichts. Wie genau die neuen Regelungen aussehen sollen, welche anderen Haftungs-Systeme an die Stelle der alten kommunalen Haftung treten werden, wie sich der Fortfall der Staatshaftung auf die Kreditbedingungen auswirken wird – die Details werden in den nächsten Monaten erst verhandelt werden. Auch die Sorgen der Beschäftigten, dass es zu einem Abbau der Mitarbeiterzahlen kommen wird, sind „momentan“ völlig gegenstandslos, sagt Rebstock. Über die Frage, ob die Kommunen ihre Sparkassen dann privatisieren und die Anteile verkaufen könnten wie Stadtwerke und Müllabfuhr, wird derzeit noch nicht geredet. Bisher sitzen im Verwaltungsrat der Bremerhavener Sparkasse acht von der Stadtverordnetenversammlung bestimmte Vertreter der Kommune. Mit 58.000 privaten Giro-Konten erreicht die Sparkasse parktisch jeden Bremerhavener Haushalt.

Sparkasse Bremen indirekt betroffen

Nur eines ist klar: „Wenn die Sparkassen eigene Sicherungsfonds aufbauen müssen, wird das ihr Ergebnis belasten“, sagt Rebstock. Seit dem Beginn des öffentlich-rechtlich geförderten Sparens 1858 ist ein Haftungsfall im Bereich der heutigen Städtischen Sparkasse Bremerhaven nie aufgetreten. Einzahlungen in den Sicherungs-Fonds werden dennoch effektive Kos-ten sein.

Absurderweise wird dieser Teil des EU-Kompromisses, mit dem die Bundesregierung in letzer Minute ein offizielles Brüsseler Verfahren wegen Wettbewerbs-Verzerrung vermieden hat, auch die Bremer Sparkasse belasten. Das Bremer Institut war 1825 gegründet worden in einer Zeit, in der eine kommunale Verantwortung für das Sparen noch nicht üblich war. Die Sparkasse Bremen ist daher als „Wirtschaftlicher Verein“ gegründet worden, 800 Mitglieder haften mit jeweils 500 Mark, die eigentliche Haftung trägt ein Sicherungssystem des Deutschen Sparkassen-Verbandes. Eine Erhöhung der Sicherungs-Fonds der Sparkassen würde auch das Bremer Sparkassen Geld kosten.

Wenn Scherf doch geschwiegen hätte ...

Vor einem Jahr hatte Bremens Bürgermeister Henning Scherf – zusammen mit dem Bayern Edmund Stoiber – heftig für die tradierte Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Sparkassen gestritten und sogar mit einem Veto der Bundesländer gegen die EU-Erweiterung auf der Konferenz in Nizza gedroht, wenn das deutsche System der „Öffentlichen Daseinsvorsorge“ von der EU bedroht werde. Der SPD-Europaabgeordnete Willi Görlach hatte Scherf daraufhin „bornierten Provinzialismus“ vorgeworfen: „Beim Schmusen mit Stoiber scheint Scherf jegliches Maß verloren zu haben“, formulierte der SPD-Politiker. Der Binnenmarkt dürfe nicht durch „föderale und nationale Egoismen“ in Gefahr gebracht werden.

Der Grüne Bürgerschaftsabgeordnete Hermann Kuhn, der sich im Herbst 2000 in diesem Streit um die Europa-Politik von Scherf heftige Schelte anhören musste, erklärte nun mit Genugtuung: „Demagogisch überspitzte Äußerungen wie die von Bürgermeister Henning Scherf gegen angeblich zentralistische Übergriffe aus Brüssel wären besser nicht geäußert worden.“

K.W.