Die Liga der Selbstaufschlitzer

BERLIN taz ■ Nachdem der Aktionskünstler Wolfgang Flatz am vergangenen Donnerstag – an Händen und Füßen aufgeschlitzt und blutverschmiert – zu Musik seiner neuen CD in Berlin an einem Kran baumelte, während ein Hubschrauber eine tote Kuh aus 40 Meter Höhe auf den Boden fallen ließ, sieht sich der Popliterat Rainald Goetz jetzt unter Zugzwang. Goetz, der sich anlässlich einer Preisverleihung in Klagenfurt 1983 öffentlich die Stirn aufgeschlitzt hatte und kurz darauf zum Vorsitzenden der „Liga der Selbstaufschlitzer“ (LdS) ernannt wurde, sagte gegenüber der Wahrheit: „Was Flatz dem Publikum am Donnerstag geboten hat, war jämmerlich und bringt die LdS in Verruf.“ Goetz sieht sich jetzt bemüßigt, den guten Leumund der LdS wieder herzustellen. Dazu hat er bereits ein Konzept entwickelt: Im Juli 2002 wird er sich an die Spitze des Berliner Fernsehturmes ketten und dort Harakiri begehen, während ein lebendiges Pferd aus einem Düsenjäger zielgenau auf den Alexanderplatz geworfen wird. Gleichzeitig soll eine Panzerkolonne unter Granatenfeuer den Turm umkreisen. Auf den Geschützrohren werden nackte Mädchen sitzen. Vorher wird Goetz noch eine CD besingen, die sich kurz darauf anlässlich der Love Parade großartig verkaufen wird. Goetz dazu: „Damit lasse ich Flatz ganz alt aussehen.“ Wolfgang Flatz selbst war zu keinem Kommentar bereit.