Wale müssen wieder zittern

Ab Montag tagt die Walfangkommission IWC. Blockade zwischen den Walfang- und Walschutzstaaten verhindert effektive Maßnahmen, Japan will höhere Fangquoten. WWF: Trotz Moratorium seit 1986 über 21.000 der Meeressäuger geschlachtet

von BERNHARD PÖTTER

Die Wale haben es schwer genug, meint Renate Künast: „Langsame Vergiftung durch chemische Stoffe im Wasser, Erwärmung der Meere, weniger Futter und Störung durch die Schifffahrt“ setzen den sensiblen Meeressäugern zu. Da sollen sie wenigstens Ruhe vor der Harpune haben, fordert die grüne Ministerin für Verbraucherschutz, Ernährung, Landwirtschaft, die auch für „Walnichtfang“ zuständig ist. Bei der Tagung der Internationalen Walfang-Kommission (IWC), die am Montag in London beginnt, will Deutschland dafür sorgen, dass das Moratorium der IWC eingehalten und verbessert wird, erklärte Künast gestern.

Denn die Zukunft des Moratoriums und damit der Wale ist fraglich. Zwar hat die IWC 1982 beschlossen, so lange keine Wale zu jagen, bis deren Bestände sich erholt haben. Japan und Norwegen töten trotzdem insgesamt etwa 1.000 der Tiere pro Jahr, weil sie offiziell forschen (Japan) oder sich dem Moratorium nicht angeschlossen haben (Norwegen). Zwischen den Walfängern und den Walschützern im IWC herrscht seit Jahren eine Blockade: Die Fänger bekommen die Dreiviertelmehrheit für die Aufhebung des Moratoriums nicht zusammen. Die Walschützer, unter ihnen Deutschland und die USA, bekommen keine Mehrheit in der IWC, um strengere Kontrollen einzuführen: Auf den Fangschiffen sollen unabhängige Experten mitfahren, eine internationale Gendatei soll über DNA-Analysen des Walfleischs verhindern, dass illegale gefangene Wale auf den Teller kommen. Doch die Bestände der Tiere sind laut Angaben des World Wide Fund for Nature (WWF) immer noch so gering, dass „man keine einzige Walart bejagen kann“, so Künast.

In London soll ihr Staatssekretär Matthias Berninger dafür sorgen, dass sich mehr Länder für den Walschutz entscheiden – oder zumindest die Front der Walschützer nicht bröckelt. Sie wollen einen „revidierten Bewirtschaftungsplan“ durchsetzen, der die Fangquote für alle Wale bei Null festlegt, solange nichts anderes entschieden ist. Gegen diesen Plan sperren sich die Walfänger, und die Walfreunde treibt eine Angst um: Im nächsten Jahr findet die IWC-Tagung in Japan statt, wo die Gastgeber Herren des Verfahrens und der Tagesordnung sind. Gleichzeitig steigt der Druck auf das Artenschutzabkommen Cites, wenigstens einige kleine Wale wieder zum Handel zuzulassen. „Wenn wir aber einen Markt für Walfleisch schaffen, ist das nicht mehr zu kontrollieren“, ist Berninger sich mit dem WWF einig. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Japan seine Entwicklungshilfe einsetzt, um kleinere Staaten auf Linie zu bringen. Man werde mit „allen diplomatischen Mitteln“ darauf hinarbeiten, dass Japan keinen Erfolg haben wird, sagte Berninger.

Laut WWF sind sieben von dreizehn Großwalarten in ihrem Bestand gefährdet. Trotz des internationalen Moratoriums seien von 1986 bis 2001 offiziell über 21.5000 Wale getötet worden, schreibt die Organisation. Neben dem Walschutzgebiet im Südpazifik müssten weitere Ruhezonen für die Meeressäuger eingerichtet werden, damit die Bestände wieder wachsen könnten. Außerdem sei der „wissenschaftliche Fang“ durch Japan, ein Schlupfloch in der IWC-Konvention, zu beenden. Das Ende des Walfangs müsse keinen wirtschaftlichen Schaden verursachen, so der WWF: In Island etwa sei der wirtschaftliche Gewinn durch Touristen, die Wale beobachten, wesentlich größer als der Nutzen, den eine Wiederaufnahme des Walfangs hätte.

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