Zauber für die Zauberflöte

■ Theater N.N.: Licht und Dämmerung spielen mit, wenn Mozart im Innenhof des Altonaer Rathauses die Sau rauslässt

Mozart war in Wirklichkeit Berliner – und eine faule Sau. Er nahm Bier, Wein und Frauen zu sich, so viel er kriegen konnte, morgendliche Proben stand er nur mit vielen Litern Kaffee und der Sonnenbrille durch, die die Welt rosa färbte.

Aber man mag ihm das nicht verübeln, denn die, die ihn umgaben, waren auch nicht besser, haben ihn nur benutzt, um ihre Eitelkeit zu füttern. Die Frauen wollten Arien von ihm, sein Auftraggeber „Schickischacki“ Schikaneder Musik für seine Texte und außerdem die Rolle des Papageno: „lötenzauber, eine Parodie auf die Kunst, die Eitelkeit, das Leben führt das Theater N.N. bis Ende August im Innenhof des Altonaer Rathauses auf.

Herrlich respektlos ist ihre Theorie über die chaotische Entstehung der Zauberflöte und genauso albern wie Leben, Eitelkeit und Kunst zuweilen sind. Regisseur Dieter Seidel und seine SchauspielerInnen haben es auch hier wieder geschafft, mit Licht und Phantasie die gewählte Spielstätte zur Rundum-Bühne zu gestalten. Die Bäume spielen ebenso mit wie die Blumen. Licht, Schatten, Dämmerung: Das Draußen spielt mit, so berechnet wie wunderbar.

Mal singen die Frauen mit Putzlappen in der Hand, dass sie eigentlich Liebe wollen, mal ertönt die Arie der „Königin der Nacht“, die Seidel der besten Stimme des Ensembles geschenkt hat. Die ghört zufällig einem Mann, dem Countertenor Jan Kollmar.

Die Musik der Zauberflöte tastet Seidel nicht an, und so spielen Klavier, Bass, Saxophon bekannte Gassenhauer in minimalistischer Besetzung, der doch nichts fehlt. Ansonsten ist alles anders: Mozart (Andreas Schäfer) lärmt und kracht über Bühne, Baum und durch sein Gartenhäuschen, er singt und flötet und ist ein Mozart zum Gernhaben und irgendwie auch Bedauern. So aufdringlich sind die drei Damen und der herrlich herrische Schi-ckischacki (Jens Wesemann).

Heiter stimmt auch sein ewiger Assistent (Ingo Braun), der auf jedes Wort ein zweites, sich reimendes findet, und doch selber so gerne den Papageno spielen möchte. Die drei singenden Frauen wollen nur, dass die anderen nicht bekommen, was sie selber noch nicht haben: klingende Rollen. Wenigstens eine, die Frau Gottlieb (Annic-Barbara Fenske), bringt es gegen Ende noch zu einem herzergreifenden „Ach ich weiß“.

Das ist dann auch schon die ganze Geschichte, die als Spektakel daherkommt, manchmal bis zum Anschlag überdreht, aber die der alten Tante Zauberflöte ganz neuen Zauber schenkt. Sandra Wilsdorf

Weitere Aufführungen: bis 26. August immer freitags, sonnabends, sonntags, 20.30 Uhr, Innenhof Altonaer Rathaus (bei Regen Kollegiensaal)