Soundcheck

Gehört: Cesaria Evora im Stadtpark: Das ist nett, das ist gefällig, da stört nichts, und doch ist es ein wenig fade. Sie singt, wie sie eben singt, spult die Songs runter, hält Distanz zum Publikum, und zwischendurch raucht sie mal eine.

Letzteres ist fast das einzige, was den Unterschied zum Abspielen einer CD ausmacht. Cesaria Evora ließ am Freitagabend die Stimme der Kapverden über die Freilichtbühne im Stadtpark ertönen, und den rund 1000 Leuten im gräsernen Halbrund gefiel es. Von ihren Isomatten riss sie das Konzert nicht, und das lag nicht so sehr an der Evora, auch nicht an ihren 13 Musikern, es waren Zeit und Raum, die den Genuss trübten.

Die Evora, die 30 Jahre in den Hafenkneipen ihrer kapverdischen Heimatinsel São Vicente die Morna sang, kann ihre Vergangenheit nicht leugnen, kann das geliebte Gewohnte nicht hinter sich lassen. Sie ist die Sängerin der Kneipe geblieben, des kleinen Clubs, gern eng, gern dunkel, gern verraucht und auch ein wenig verrucht, die Sängerin der Mitternacht. Die anonyme Weite unter freiem Himmel, die Helle vor Anbruch der Nacht, das ist nicht die Welt, derer sie, derer ihre Stimme bedarf, um die Stimmung zu erzeugen, derentwillen ihr Publikum kam. Da müht sich ihr Orchester samt kubanischem Streicher-Trio ebenso redlich wie erfolglos, die Melancholie zu verbreiten, deren portugiesische Bezeichnung „sodade“ zu den unübersetzbaren Begriffen gehört; da raffen sich in Sonderheit Bläser und Percussionisten auf, die Salsa scharf zu würzen.

Doch erst, wenn die Evora als Zugabe das gewöhnlich unerträgliche Besame mucho so interpretiert, dass es nicht wie die fürchterliche Schnulze klingt, die es ist, und dennoch selbst höheren Mächten ein paar Tränen abnötigt, erst dann ist zu ahnen, wie sie klingen, wie sie sein könnte, wenn sie einfach die Evora von São Vicente wäre. smv