: Nazis außen vor
■ Rock-gegen-Rechts-Konzert in Neumüster
Den ganzen Samstag über vergnügten sich mehrere hundert SchülerInnen bei einem Rock-gegen-Rechts-Konzert auf dem Gelände der Schule Gadeland in Neumünster direkt gegenüber dem Neonazitreff „Club 88“. Zum Ende des Konzertes kam es zu einer polizeilichen Eskalation: BesucherInnen wurden von PolizistInnen unter Einsatz von Schlägstöcken in Richtung Zentrum getrieben.
Zuvor hatte die Polizei etwa 40 Neonazis aus dem „Club 88“ gestattet, sich vor einen Ausgang der Schule zu stellen und die nach Hause gehenden SchülerInnen zu bedrohen. Schnell flogen Steine, Farbbeutel und Flaschen. „Aus dem linken Spektrum ist ein Stein gegen ein Polizeifahrzeug geworfen worden“, begründet Polizeisprecher Sönke Hinrichs den „konsequenten Einsatz“. Resultat der Polizeitaktik waren 20 Festnahmen und mehrere verletzte PolizistInnen und SchülerInnen.
„Der Einsatz war völlig unverhältnismäßig“, betont ein Vertreter des Antifa-Konzerts. Hätte die Polizei die Nazis nicht in die Nähe des Ausganges gelassen, wäre nichts passiert. Denn den gesamten Nachmittag über – als insgesamt elf Bands aufspielten – hatten sich die SchülerInnen und eine Gruppe „Club 88“-BesucherInnen um Betreiberin Christiane Dolscheid ohne Zwischenfälle auf Tuchfühlung gegenübergestanden, nur getrennt durch einen Zaum und eine Reihe Streifenwagen.
„Um einen friedlichen Ablauf zu gewährleisten hatten wir bei der Stadt nach Bussen gefragt, da es zwischen dem Stadtteil und der Innenstadt keine Verkehrsverbindung gibt“, erklärt der Konzert-Vertreter weiter, „doch sie stellte uns keine zur Verfügung.“ Stattdessen empfahl sie, Busse zu mieten. „Peinlich, denn das Konzert wurde von unabhängigen Gruppen getragen und es wurde kein Eintritt genommen.“
Die Neonazis versuchten sich indes als Opfer darzustellen. Am Treff entrollten sie ein Transparent: „Club 88 – Opfer des Faschismus“. Zuvor hatten sie eine Mahnwache vor einem Jugendzentrum abgehalten. „Faschisten sind keine Opfer, sondern Täter“, bekräftigte jedoch eine Sprecherin während des Konzertes.
Peter Müller/Andreas Speit
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen