USA UND RUSSLAND WOLLEN „PAKETGESPRÄCHE“ FÜHREN – MAL WIEDER
: Kein Durchbruch

Die Ergebnisse des G-8-Gipfels in Genua sind mager – also wurde zur Sensation aufgebauscht, was keine ist: Die Präsidenten Russlands und der USA haben angekündigt, „Paketgespräche“ über Raketenabwehrsysteme und den Abbau atomarer Offensivwaffen aufzunehmen. Das ist nichts Neues: Schon ab Ende der 80er-Jahre führten Washington und Moskau derartige „Paketgespräche“. Anlass war, dass die damalige US-Regierung unter Präsident Bush (Vater) Raketenabwehrsysteme errichten wollte. Sein Nachfolger Clinton legte diese Gespräche 1993 auf Eis.

Auch für den Streit um die aktuellen Raketenabwehrpläne von Präsident Bush (Sohn) stellt die Ankündigung von Genua „keinen Durchbruch“ dar – das hat Putin inzwischen zu Recht festgestellt. Ein Indiz hierfür ist schon, dass in Moskau und Washington völlig widersprüchliche Interpretationen herumgereicht werden, wer in Genua denn nachgegeben habe. Dazu kommt die unmissverständliche Feststellung von Bushs Sicherheitsberaterin Rice, dass die beiden Präsidenten keinesfalls „Verhandlungen“ vereinbart hätten, sondern lediglich „Konsultationen“. Und auch die Ziele dieser Konsultationen werden in Washington und Moskau weiterhin so gegensätzlich beschrieben wie vor dem Präsidententreffen von Genua.

Ob die Ankündigung von Bush und Putin, wenn schon kein „Durchbruch“, so doch wenigstens ein Fortschritt war – das lässt sich noch nicht sagen. Zumindest rhetorisch lehnte sich Bush in Genua an Forderungen der Friedensbewegung der 80er-Jahre an, als er erneut die „Überwindung der atomaren Abschreckung mit strategischen Offensivwaffen“ und eine „neue internationale Friedensordnung“ proklamierte. Das sind erstrebenswerte Ziele. Die Frage ist nur, wie diese „neue Friedensordnung“ aussehen soll. Sollten sich Washington und Moskau während ihrer künftigen Konsulationen auf einen neuen Mix von Offensivwaffen und Defensivsystemen verständigen mit dem – illusorischen – Ziel, „Schurkenstaaten“, Konkurrenten und regionale Konflikte unter Kontrolle zu halten, dann wäre diese „neue Ordnung“ noch schlechter und unstabiler als die der letzten 50 Jahre.

ANDREAS ZUMACH