Optimismus trotz „Nullwachstum“

Über das „verrückte Jahr 2000“ beklagte sich KirchMedia in ihrer Jahresbilanz: Im TV-Bereich sieht es traurig aus

Jetzt also mit Gefühl: „120-mal pro Minute schlägt das Herz bei starken Emotionen. Große Geschichten sind unsere Passion“, heißt es auf dem Titel des gestern in München präsentierten Geschäftsberichts von KirchMedia, der Holding der Free-TV-Rechtehandels- und Produktionstöchter der Kirchgruppe.

Eine große Geschichte hätte es wirklich beinahe gegeben: Thomas Haffa, Gründer und Chef des angeschlagenen Rechtehandels- und Merchandisingunternehmens EM.TV, wolle seine 43 Anteilsprozente an Kirch veräußern, hatte die Financial Times Deutschland berichtet. Kirch besitzt heute schon 16,7 Prozent der EM.TV-Anteile, gemeinsam halten beide 75 Prozent der Rechte an der Formel 1.

Doch die Kirchgruppe ließ umgehend dementieren: „Kein Interesse“, hieß es am Vormittag. Bei der Pressekonferenz klang das schon sybillinischer: „Wenn Herr Haffa für EM.TV eine vernünftige Lösung findet, werden wir das sicher nicht blockieren“, sagte Jan Mojto, stellvertretender Vorsitzender der KirchMedia-Geschäftsführung.

Ebenso nüchtern musste Finanzvorstand Herbert Schroder deutlich niedrigere Margen bei kräftig gestiegenen Konzernumsätzen bilanzieren. Grund sei „das verrückte Jahr 2000 im ureigensten Geschäft“ (Mojto) gewesen. Galoppierende Einkaufspreise vor allem für TV-Rechte, die man nicht an die Kunden weitergeben konnte, kamen das Unternehmen teuer zu stehen. Wegen des Börsenhype seien vor allem die Kosten für deutschsprachige Programmware „überproportional angestiegen“. Zum ersten Mal wurde für das Geschäftsjahr 2000 die ehemals selbstständige ProSiebenSat.1 Media AG in die Bilanz aufgenommen. Der Gesamtumsatz von KirchMedia beträgt jetzt rund 6,5 Milliarden Mark. Der Ausbau der Senderfamilie aus Sat.1, ProSieben, Kabel1 und dem Anfang 2000 gegründeten Nachrichtenkanal N24 wird planmäßig weitergeführt. Um 15 Prozent gestiegen ist der Anteil der Werbeerlöse: 65 Prozent des Umsatzes erzielt KirchMedia jetzt mit TV-Werbeeinnahmen.

Nach dem erfolgreichen Werbejahr 2000 sieht die künftige Entwicklung allerdings traurig aus: Im TV-Bereich sei 2001 nur „ein Nullwachstum“ zu erwarten, sagte der für die Senderfamilie zuständige KirchMedia-Geschäftsführer Fred Kogel. „Sehr optimistisch“ sogar sehe er dem 20.15-Uhr-Sendetermin für Sat.1-„ran“ entgegen, „erhebliche Werbeerlöspotenziale“ soll der neue Sendeplatz erschließen. Finanzieren lässt sich die Bundesliga-Berichterstattung allerdings auch hier nicht. „Im Sport haben wir’s mit einer anderen Wirklichkeit zu tun“, sekundierte Co-Geschäftsführer Jan Mojto.

Ebenfalls nicht ganz von dieser Welt ist – jedenfalls aus Sicht der Kirchgruppe – der andauernde Streit mit der ARD über die Bundesligaberichterstattung in der „Tagesschau“. Der Ankündigung des ARD-Vorsitzendenden, Fritz Pleitgen, zur Not per einstwilliger Verfügung eine Berichterstattung vor 20.15 Uhr zu erzwingen, sah man gestern gelassen entgegen: „Wir haben einen gültigen Vertrag und sind der ARD durchaus entgegengekommen“, sagte der neue KirchMedia-Sportgeschäftsführer Alexander Liegel. STEFFEN GRIMBERG