BURUNDI: MANDELA SCHLÄGT VOR, WAS LÄNGST GESCHEITERT IST
: Nach dem Krieg ist vor dem Krieg

Ein blutiger Bürgerkrieg, der monatlich Tausende das Leben kostet; eine ziemlich machtlose Regierung, die sich aus führenden Hutu- und Tutsi-Politikern zusammensetzt; eine geplante afrikanische Eingreiftruppe, um diese Regierung zu stärken; eine Hutu-Rebellenbewegung und eine Tutsi-Milizenfront, die beide stets militanter werden: So sah das ostafrikanische Burundi im Frühsommer 1996 aus, nachdem etwas mehr als zwei Jahre versucht worden war, Frieden zu schaffen. Wenig später folgte ein Tutsi-Militärputsch, der ein Präventivschlag gegen eine angekündigte ostafrikanische Militärintervention sein sollte und dazu beitrug, Rebellionen und Kriege in ganz Zentralafrika auszulösen.

Fünf Jahre und viele Kriegsopfer später hat Afrikas größter Friedensstifter Nelson Mandela die geniale Idee, die Uhr zurückzudrehen. Eine Machtteilung zwischen führenden Hutu- und Tutsi-Politikern, gestützt von einer afrikanischen Eingreiftruppe, soll die ständig stärker werdenden Hutu-Rebellen und die stets militanteren Tutsi-Milizen in Burundi in Schach halten und damit Frieden ermöglichen, zumindest perspektivisch. Das ist ein Déjà-vu-Erlebnis der besonderen Art, wobei der vorgesehene Stichtag 1. November möglichen Putschisten jede Menge Zeit lässt, einen neuen Staatsstreich vorzubereiten. Burundi steht kurz davor, Schlachtfeld eines neuen zentralafrikanischen Bürgerkrieges zu werden, der die Nachbarländer Ruanda, Kongo und Tansania einbeziehen würde.

Das ist sicher nicht Mandelas Ziel – und Krieg können Burundis Militante auch ohne Friedensplan führen. Aber wieso macht man es ihnen so leicht? Wieder einmal können die radikalen Tutsi, die sich als Erben der burundischen Unabhängigkeitsbewegung der 50er- und frühen 60er-Jahre sehen, die Elite des Landes gegen die drohende „Rekolonisierung“ mobilisieren. Wieder einmal können die radikalen Hutu, die sich als Erben von Bauernbewegungen der 60er- und 70er-Jahre sehen, mit revolutionärer Rhetorik die ländlichen Massen aufwiegeln und zum Marsch gegen die städtischen Herrscher blasen. Mandelas Plan entkräftet die Mythen und Ängste auf beiden Seiten nicht, sondern stärkt sie auch noch.

Die eigentümliche soziale Struktur Burundis, wo Hutu und Tutsi historisch nichts mit Ethnien zu tun haben und allesamt miteinander verwandt sind, bleibt in den internationalen Friedensplänen wie auch bei den einheimischen Kriegstreibern unberücksichtigt. Frieden kann Burundi aber nur erreichen, wenn Rassismus bekämpft wird. Alles, was den Hutu-Tutsi-Gegensatz zur Grundlage der Aufteilung staatlicher Macht erklärt, fördert Polarisierung und Hass. DOMINIC JOHNSON